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Der Büroimmobilienmarkt in Berlin zwischen zunehmendem Büroleerstand, steigenden Spitzenmieten und strukturellem Wandel

Berlin, 09.09.2025
Vorstellung Gewerbe Pulsschlag 2025.
  • Büroleerstandsquote in Berlin bei 7,7 Prozent zum Ende des Halbjahres 2025
  • Büroflächenbestand auf 21,7 Millionen m² gestiegen
  • Spitzenmieten mittlerweile bei 45 Euro/m²
  • Jobmotoren: Öffentliche Hand, TMT-Branche und Gesundheit & Soziales
  • ESG im Wandel: Experten fordern mehr Pragmatismus
  • Report unter folgendem Link downloaden: www.gsg.de/gewerbe-pulsschlag/

Vergangene Woche wurde der „Berliner Gewerbe-Pulsschlag 2025“ der GSG Berlin vorgestellt. Im Rahmen der anschließenden Podiumsdiskussion wurde die Rolle von ESG und Regulatorik intensiv diskutiert. „Wir begrüßen die neuen EU-Vorgaben, die nicht nur auf die Effizienz im Betrieb einer Immobilie abzielen, sondern den gesamten Lebenszyklus berücksichtigen“, sagt Sebastian Blecke, operativer Geschäftsführer der GSG Berlin. „Für die GSG Berlin mit rund einer Million Quadratmetern und fast 20 Milliarden Euro Assets under Management ist es ein klarer Wettbewerbsvorteil, wenn endlich der Immobilienbestand unter die Regulatorik fällt. Es ist begrüßenswert, dass sich Deutschland pragmatisch den neuen europäischen Regeln anschließt und keinen Sonderweg geht.“

Oliver Schlink, kaufmännischer Geschäftsführer der GSG Berlin, kritisiert den zunehmenden bürokratischen Aufwand: „Es gibt verschiedene Wege, als Wirtschaft und speziell als Immobilienwirtschaft grüner zu werden. Mehr Reporting und mehr Bürokratie sind hier nicht der beste Weg. Deutlich besser ist die steigende CO₂-Bepreisung in Europa, die Unternehmen dazu animiert, in einen geringeren Energieverbrauch und einen geringeren CO₂-Ausstoß zu investieren. Die CO₂-Bepreisung sorgt dafür, dass Immobilieneigentümer aktiv werden müssen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. Der wichtigste Hebel für mehr Klimaschutz ist das Portemonnaie der Unternehmen.“

Ulf Buhlemann, Head of Capital Markets bei Colliers, sieht Fremdkapital als zentralen Hebel: „Heute fordert das Fremdkapital in Europa eine möglichst hohe Taxonomiekonformität der Immobilie. Dabei unterliegen Fremdkapitalgeber noch viel stärker der EU-Regulatorik als Eigenkapitalgeber. Nur durch Regulatorik wird wirklich die Breite des Marktes erreicht.“ Buhlemann ist überzeugt, dass es für Gebäude, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, künftig gar keine Finanzierung mehr geben wird. „Die Zukunftsfähigkeit einer Immobilie ist der Maßstab für ESG. Eigentümer von nicht taxonomiekonformen Immobilien werden Defizite bezahlen müssen.“

„Ohne die EU-Regulatorik würden viele Unternehmen nicht handeln. Das Klima interessiert sich jedoch nicht dafür, ob aufgrund der Regulatorik oder aus anderen Gründen gehandelt wird. Deshalb ist die rückwirkende Einführung der CSRD ab Januar 2025 auch ein Schritt in die richtige Richtung“, betont Nina Joneleit-Mabeka, Managing Partner der Green Lion Consulting GmbH. Das Thema ESG sei nicht vom Tisch, nur die Anforderungen hätten sich verändert. „Heute geht es darum, wie wir unsere Immobilienportfolios in wirtschaftlicher Hinsicht zukunftsfähig machen können. Für den Anfang würde es reichen, die Maßnahmen mit dem geringsten Aufwand und dem größten Impact für Umwelt und Gesellschaft umzusetzen. Dabei können Großstädte Treiber der Entwicklung und Vorbild für kleinere Städte und Randlagen sein.“

Die wesentlichen Ergebnisse des siebten Gewerbe-Pulsschlags

Auch im Jahr 2025 ist der Berliner Büro- und Gewerbemarkt von strukturellem Wandel und sich verändernden Nutzererwartungen geprägt. Dabei rücken Qualität, Flexibilität, Nachhaltigkeit und Standortattraktivität weiter in den Fokus. Gleichzeitig wirkt sich die wirtschaftliche Gesamtlage dämpfend auf die Marktdynamik aus. Zwar lag der Büroflächenumsatz im Jahr 2024 bei rund 585.000 Quadratmetern, und damit leicht über dem Vorjahr, jedoch weiterhin deutlich unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Die Büroflächennachfrage ist selektiver geworden und fokussiert sich zunehmend auf hochwertige Flächen in zentralen Lagen. Getragen wird der Markt vor allem von kleinteiligen Abschlüssen und der öffentlichen Hand.

„Der Berliner Büromarkt befindet sich zur Jahresmitte 2025 weiterhin in einem angespannten Anpassungsprozess. Die grundlegenden Treiber dieser Entwicklung sind strukturell: wenig Impulse aus dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld, hybride Arbeitsmodelle, gestiegene Anforderungen an ESG-Konformität und eine selektiver werdende Nachfrage bestimmen das Marktgeschehen“, sagt Sebastian Blecke, operativer Geschäftsführer der GSG Berlin. „Der Trend zum ‚Flight to Quality and Location‘ verfestigt sich. Unternehmen suchen nicht mehr in erster Linie mehr Fläche, sondern bessere Fläche. Die Nachfrage konzentriert sich daher zunehmend auf moderne, ESG-konforme Büroimmobilien in zentralen Lagen mit hoher Aufenthaltsqualität.“

Angebotsüberhang erreicht 2025 neues Niveau

Die Leerstandsentwicklung auf dem Berliner Büromarkt setzte im vergangenen Jahr ihren Kurs fort. Getrieben durch ein anhaltend hohes Fertigstellungsvolumen und gleichzeitig rückläufige Vermietungsleistungen betrug die Leerstandsquote zum Jahresende 2024 etwa 6,9 Prozent bzw. rund 1,5 Millionen Quadratmeter. Im ersten Halbjahr 2025 nahm der Leerstand weiter zu und lag mit 7,7 Prozent etwa auf dem Niveau von 2010. Die Büroflächenfertigstellungen in Berlin bewegten sich im vergangenen Jahr auf einem überdurchschnittlichen Niveau: Mit rund 494.000 fertiggestellten Quadratmetern lag das Volumen zwar leicht unter dem Mittel der zurückliegenden fünf Jahre, jedoch weiterhin deutlich über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von etwa 370.000 Quadratmetern. Diese und weitere Entwicklungen erhöhten den Büroflächenbestand Berlins zum Jahresende 2024 auf rund 21,7 Millionen Quadratmeter – ein weiterhin unangefochtenes Spitzenvolumen unter den deutschen A-Städten.

„Aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Lage und der überdurchschnittlichen Baufertigstellungen ist in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg der Leerstandsquote auf bis zu neun Prozent zu rechnen. Erst mittelfristig ist von einer Stabilisierung der Leerstandsentwicklung auszugehen“, erläutert Oliver Schlink, kaufmännischer Geschäftsführer der GSG Berlin. „Dabei entfallen die aktuellen Büroleerstände in Berlin fast gleich verteilt auf noch nicht absorbierte Neubauten und ältere Bestände. Perspektivisch wird sich der Leerstand jedoch vorrangig auf Objekte mit Mängeln bei Lage und Objektqualität konzentrieren.“

Spitzenmieten liegen inzwischen bei 45 Euro pro Quadratmeter

Trotz des wachsenden Leerstands sind die Spitzenmieten weiter gestiegen und liegen inzwischen bei 45 Euro pro Quadratmeter. Die Durchschnittsmieten sinken leicht, während die Spreizung im Mietniveau zunimmt: Hochwertige Flächen in gefragten Lagen bleiben knapp und teuer, Eigentümer einfacher Bestandsobjekte geraten zunehmend unter Druck. Für die kommenden Jahre ist mit einer weiterhin positiven Entwicklung der Spitzenmieten zu rechnen, insbesondere in den nachgefragten Teilmärkten mit teilweise begrenztem Angebot. Gleichzeitig wird die Diskrepanz zwischen Topobjekten und einfachen Bestandsflächen größer, getrieben durch Standortqualität, Gebäudestandard und Verhandlungsspielräume.

Auf der Angebotsseite bleibt das Fertigstellungsvolumen hoch: Für das Jahr 2025 sind weitere 410.000 Quadratmeter in Berlin geplant. Infolge dieser Entwicklungen stieg die Leerstandsquote im ersten Halbjahr 2025 auf 7,7 Prozent – der höchste Wert seit über einem Jahrzehnt. Unternehmen leiden unter den vergangenen drei Jahren wirtschaftlicher Stagnation und halten überwiegend an hybriden Arbeitsmodellen fest, passen jedoch weiter ihre Homeoffice-Strategien an. Standortentscheidungen werden nur schrittweise getroffen, wobei der Fokus klar auf modernen, ESG-konformen Flächen liegt. Großvermietungen bleiben die Ausnahme, kleinteilige Abschlüsse und die öffentliche Hand prägen das Geschehen. Digitale Unternehmen und Start-ups zeigen erste Anzeichen einer Stabilisierung: Ihr Anteil am Flächenumsatz ist im ersten Halbjahr 2025 leicht gestiegen.

Stetiger Zuwachs bei der Anzahl der Bürobeschäftigten in Berlin erwartet

In der Hauptstadt gilt die Anzahl der Bürobeschäftigten als zentraler Gradmesser für die Entwicklung des Büroflächenbedarfs. Ende 2024 waren rund 880.000 Menschen in einem Büro in Berlin tätig – eine Steigerung um knapp 70.000 Personen seit 2019, obwohl weiterhin wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten bestehen. Für die kommenden Jahre wird ein fortgesetztes Wachstum bei den Bürobeschäftigten erwartet. Bis 2027 dürfte die Zahl der Bürobeschäftigten in Berlin auf mehr als 915.000 steigen, was einem Plus von etwa 4 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau entspricht. Damit nimmt Berlin im Vergleich zu anderen deutschen A-Städten weiterhin eine Spitzenposition ein, auch wenn das Wachstumstempo deutlich moderater ausfällt als in den vergangenen Jahren.

„Die prognostizierte Zunahme der Bürobeschäftigten lässt eine weiterhin robuste wirtschaftliche Entwicklung in Berlin erwarten. Der Beschäftigungszuwachs speist sich dabei vor allem aus strukturellen Veränderungen in der Berliner Wirtschaftslandschaft: dem Ausbau wissensintensiver Tätigkeiten, der Digitalisierung vieler Branchen sowie der fortlaufenden Verwaltungsausweitung. Mit starker Branchenvielfalt bleibt die Hauptstadt führend unter den A-Städten in Deutschland – ein deutliches Zeichen für wirtschaftliche Resilienz und Zukunftsfähigkeit“, erläutert Sebastian Blecke, operativer Geschäftsführer der GSG Berlin.

Neubauvolumen von Light Industrial auf überdurchschnittlichem Niveau

Durch strukturelle Veränderungen in der Industrie – Stichwort Industrie 4.0 – haben sich auch die Anforderungen an Immobilien gewandelt. Light-Industrial-Flächen können hier mit einem hohen Grad an Anpassungsfähigkeit und Nutzungsvielfalt punkten. Im Vergleich zu reinen Logistikimmobilien befinden sich Light-Industrial-Objekte häufig in zentraleren Lagen, was ihre Relevanz im urbanen Raum zusätzlich steigert. Oft entstehen sie auch auf Transformationsflächen ehemaliger Industrieareale. Die Fertigstellungszahlen belegen die wachsende Bedeutung dieser Assetklasse. Nach einem moderaten Jahr 2022, das von zahlreichen Projektverschiebungen geprägt war, wurden in den Jahren 2023 und 2024 wieder Flächen im Umfang von 40.000 bis 50.000 Quadratmetern realisiert. Für 2025 wird aktuell ein Rekordvolumen von mehr als 100.000 Quadratmetern erwartet. Auch für 2026 ist mit einem ähnlich hohen Wert zu rechnen, bevor die Projektpipeline ab 2027 voraussichtlich abnimmt. In der Neubaupipeline dominieren Business- und Gewerbeparks mit rund 58 Prozent, gefolgt von Produktionsimmobilien mit 34 Prozent. Lagerimmobilien spielen mit 8 Prozent eine untergeordnete Rolle.

Trotz der angespannten konjunkturellen Lage blieb das Interesse an Light-Industrial-Flächen im Jahr 2024 stabil. Mit mehr als 80.000 Quadratmetern wurde ein überdurchschnittliches Flächenumsatzniveau erreicht. Neben dem kontinuierlichen Grundrauschen kleinteiliger Abschlüsse trugen mehrere Anmietungen mit einer Fläche von jeweils über 5.000 Quadratmetern wesentlich zum Ergebnis bei. Die anhaltend hohe Nachfrage nach flexiblen Gewerbeflächen in stadtnahen Lagen dürfte dafür sorgen, dass Light Industrial auch in den kommenden Jahren eine stabile Rolle auf dem Berliner Gewerbeimmobilienmarkt einnimmt.

Stabile Entwicklung bei der GSG Berlin

Die Bestandsmieten der GSG Berlin haben sich im Vergleich zu 2019 erhöht, stagnieren aber im Vergleich zum vergangenen Jahr. In zentralen Bezirken wie Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg war ein überdurchschnittliches Wachstum zu beobachten – hier stiegen die Durchschnittsmieten seit 2019 besonders stark, was auf die anhaltend hohe Nachfrage in diesen Lagen zurückzuführen ist. Trotz dieser Entwicklung liegen die Durchschnittsmieten der GSG Berlin sowohl bei Neu- als auch bei Bestandsvermietungen weiterhin unter dem marktüblichen Niveau. Ein wesentlicher Grund dafür ist das vielfältige Flächenangebot der GSG Berlin, das neben klassischen Büroflächen auch preisgünstigere Gewerbeflächen umfasst. Die Durchschnittsmieten der Neuvermietungen zeigten im ersten Halbjahr 2025 einen leicht rückläufigen Trend gegenüber dem Vorjahr. Zurückzuführen ist das auf die aktuell angespannte Marktlage mit steigenden Leerständen, entsprechend erhöhter Wettbewerbsintensität und verhaltener Nachfrage.

Prognose Büroflächenfertigstellung Berlin. Copyright: GSG Berlin
Prognose Büroleerstandsrate Berlin. Copyright: GSG Berlin

Weiterführende Informationen

https://www.gsg.de/gewerbe-pulsschlag/