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Berliner Gewerbeimmobilienmarkt: Geringe Flächennachfrage beschleunigt Transformationsprozess

Berlin, 28.05.2025

Mietersuche und Mieterbindung sind aktuell die zentralen Herausforderungen der am Berliner Gewerbeimmobilienmarkt tätigen Akteure. Das bestätigten die Teilnehmer einer vom Beratungsunternehmen RUECKERCONSULT organisierten Pressekonferenz: Ulf Buhlemann, Geschäftsführer & Head of Capital Markets bei Colliers in Berlin, Martin Schubert, Head of Letting Management Berlin und Prokurist bei HIH Real Estate, und Manuel Oltersdorf, Prokurist bei FAY Projects.

Büroinvestments mit starkem Jahresauftakt
Optimistisch zeigt sich Ulf Buhlemann vor allem mit Blick auf die Investitionstätigkeit in der Hauptstadt: „Investmentseitig hat Berlin einen sehr vielversprechenden Jahresauftakt hingelegt. Mit rund 853 Millionen Euro Transaktionsvolumen konnten wir ein Plus von 84 Prozent im Vergleich zum Auftaktquartal des Vorjahres verzeichnen. Davon entfallen allein über 400 Millionen Euro auf den Verkauf des Upper West. Büro ist mit dem stärksten Quartal seit 2022 wieder klarer Spitzenreiter unter den Nutzungsarten. Die Büro-Spitzenrendite liegt zum Jahresstart weiterhin bei 4,90 Prozent, wobei es leichte Abschläge für Lagen abseits der CBDs gibt.“

Schwacher Jahresstart für den Bürovermietungsmarkt 
Den Bürovermietungsmarkt sieht Buhlemann deutlich verhaltener: „Das erste Quartal dieses Jahres war mit einem Flächenumsatz von 120.300 Quadratmetern das schwächste der letzten fünf Jahre. Und auch die Leerstandsquote liegt nun mit 7,7 Prozent 1,4 Prozent höher als noch im Vorjahresquartal. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang, dass Spitzen- und Durchschnittsmiete einen gegenläufigen Trend zeigen: Während die Spitzenmiete weiter nach oben klettert und nun bei 47,50 Euro pro Quadratmeter liegt – Ende 2024 noch 46,50 Euro pro Quadratmeter – sinkt die Durchschnittsmiete im gleichen Zeitraum von 29,10 Euro pro Quadratmeter auf nun 27,70 Euro pro Quadratmeter.“

Buhlemann erklärt dieses Phänomen mit einer sehr hohen Nutzernachfrage nach zentral gelegenen Flächen in Neubauten oder neubaugleich sanierten Gebäuden. „Es gibt allerdings nur ein stark limitiertes Angebot, das diese Kriterien erfüllt.“

Anker des Berliner Flächenumsatzes blieben unverändert die Öffentliche Hand mit einem Marktanteil von 24 Prozent, die ITK-Branche mit 14 Prozent Marktanteil und Beratungsunternehmen mit zehn Prozent Marktanteil.

Vermietungen werden anspruchsvoller 
Die insgesamt anspruchsvolle Situation an den Bürovermietungsmärkten spiegelt sich auch in der Tätigkeit der Vermietungsmanager wider. „Anders als vor fünf Jahren ist es angesichts der aktuellen Marktsituation kein Selbstläufer mehr, Büroflächen in Berlin zu vermieten“, sagt Martin Schubert, Head of Letting Management Berlin von der HIH Real Estate, die in Berlin rund 30 Gewerbeimmobilien mit 250.000 Quadratmetern Mietfläche für die Büro-, Hotel-, Handels- und Praxisnutzung managt. Die Flächen sind an 622 Mieter vergeben. Der Leerstandsanteil im Portfolio beträgt knapp sechs Prozent.

„Der Leerstand ist deutlich höher, die Flächennachfrage geringer und die Neuvermietung gestaltet sich entsprechend anspruchsvoller als in den zurückliegenden Jahren. Wir stellen fest, dass die Anforderungen und Bedürfnisse der Mieter und die Standortpositionierung wieder stärker in den Fokus rücken. Flächenzuschnitt, Ausstattung und ESG-Faktoren spielen dabei eine besonders wichtige Rolle“, so Schubert weiter. In Neubauten seien diese Aspekte einfacher zu berücksichtigen als in Bestandsgebäuden.

Ohnehin habe die Pflege der Beziehungen zu den Bestandsmietern an Priorität gewonnen. „Es ist entscheidend, eine gute Beziehung zu seinen Mietern aufzubauen und nicht erst kurz vor einer anstehenden Mietvertragsverlängerung den Kontakt zu suchen. Nur so ist es uns möglich, frühzeitig zu antizipieren, ob ein Unternehmen plant, seine Flächen zu vergrößern, beizubehalten oder zu verkleinern, ob technische Modernisierungen anstehen und gegebenenfalls eine Neuaufteilung von Flächen erforderlich ist“, sagt Schubert.

Viele Unternehmen versuchen aktuell ihre Mitarbeiter zu motivieren, wieder häufiger aus dem Homeoffice ins Büro zurückzukehren. Das Credo laute nach Schubert aktuell ‚Das Büro muss schöner sein als das Homeoffice‘: „Unternehmen versuchen die Attraktivität ihrer Büroflächen zu steigern, indem sie einerseits die Ausstattung der Arbeitsplätze verbessern, zum Beispiel durch höhenverstellbare Schreibtische oder zwei Bildschirme, und andererseits, indem sie mehr soziale und Community-Flächen für den Austausch schaffen. Es gibt auch immer wieder Wünsche wie Ruhezonen mit Massage-Sessel oder Gaming-Bereiche mit PlayStations oder ein Barista auf der Dachterrasse.“

Entwicklungstätigkeit geht weiter 
Die eingeschränkte Büroflächennachfrage und die gestiegenen Ansprüche der Nutzer wirken sich bereits seit längerem auf die Entwicklungstätigkeit in Berlin aus. Statt reine Bürogebäude zu bauen, setzen Entwickler, vor allem bei größeren Bauvorhaben, häufig auf gemischte Nutzungen.

Beispielhaft ist die Quartiersentwicklung „Spandauer Ufer“. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Rathaus, zum ICE- und Regionalbahnhof und zur Altstadt Spandau wird von FAY Projects mit dem Joint-Venture-Partner merz objektbau das Vorhaben mit 72.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche und vier Hochpunkten realisiert. Konzeptionell werben die Entwickler mit dem Fünf-Minuten-Quartier mit besonders kurzen Wegen für die Nutzer, um alle komplementären Nutzungen des täglichen Bedarfs zu erreichen.  

Neben Büroflächenflächen von 20.000 Quadratmetern zählen Flächen für Hotel und Nahversorgung, Praxisflächen, Mietwohnungen sowie öffentlich zugängliche Grün- und Aktivflächen zum Nutzungsangebot. Das Projekt schafft einen öffentlichen Zugang zum Havelufer. Neben der klassischen Office-Nutzung könnte auch ein Hörsaal mit bis zu 600 Plätzen das Spandauer Ufer zum Bildungsstandort machen.

Bei der Planung habe man sich zudem an den Vorgaben der EU-Taxonomie orientiert. „Die Stromerzeugung wird aus erneuerbaren Primärenergiequellen erfolgen. Zudem haben wir ein Heiz- und Kühlungskonzept entwickelt, das weitestgehend ohne fossile Brennstoffe auskommt“, sagt Manuel Oltersdorf, Prokurist bei FAY Projects. „Vorgesehen sind die Nutzung des Wassers der anliegenden Havel für die Kühlung der Gebäude und der Abwärme einer Abwasserdruckleitung für Heizzwecke. Letzteres deckt etwa 45 Prozent der erforderlichen Heizleistung ab. Die übrigen 55 Prozent werden über einen Fernwärmeanschluss erreicht“.

Die Bauarbeiten am Spandauer Ufer sollen bis spätestens Q1 2026 beginnen. Der Vermietungsstand liege bei über 50 Prozent.

Fazit: Der Berliner Gewerbeimmobilienmarkt zeichnet ein zweigeteiltes Bild. Das Investoreninteresse – insbesondere an Büroimmobilien – ist hoch. Der Bürovermietungsmarkt auf der anderen Seite schwächelt, da die spezifische Nachfrage nach modernen Flächen in Top-Lagen auf ein stark begrenztes Angebot trifft. Dies hat zur Folge, dass Entwickler abseits der CBD-Lagen vermehrt auf Mischnutzungen setzen.