Colliers im ifo Schnelldienst: Strukturelle Herausforderungen des Wohnungsmarktes
- Über eine Million zusätzliche Haushalte in Deutschland bis 2040
- Baukosten als zentrales Hemmnis für den Wohnungsbau
- Herstellungskosten für Wohnungen seit 2010 mehr als verdoppelt
- Reduktion der Baukosten um bis zu 30 Prozent könnte Mieten auf 17,00 bis 21,00 Euro senken
- Kommunale Wohnungsunternehmen könnten Bestandsmieten senken und Angebotslücke verringern
Obwohl die Bevölkerungszahl in Deutschland langfristig sinkt, wächst die Zahl der Haushalte: Bis zum Jahr 2040 erwartet Colliers über eine Million zusätzliche Haushalte, davon rund 850.000 allein in den 50 größten Städten. Demgegenüber steht ein Einbruch des Wohnungsneubaus 2024 um 14 Prozent im Vorjahresvergleich. Bis 2027 könnte der Wohnungsbau um weitere 35 Prozent zurückgehen.
Ursachen für die strukturellen Probleme des Wohnungsmarktes sind vor allem die in den letzten Jahren enorm gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten. So haben sich die Herstellungskosten für Wohnungen zwischen 2010 und Ende 2024 mehr als verdoppelt, von 2.200 Euro auf rund 4.500 Euro pro m². Einschließlich der Kosten für Grundstücke liegen die Gesamtkosten im Wohnungsbau aktuell bundesweit bei 5.200 Euro pro m², in den Städten teilweise deutlich höher im Bereich von 5.500 bis 6.000 Euro pro m². Auffällig ist die Steigerung in den vergangenen fünf Jahren: Seit 2020 haben sich die Gesamtkosten im Wohnungsbau jedes Jahr um fast zehn Prozent verteuert. Das geht aus dem aktuellen Beitrag von Colliers im ifo Schnelldienst 10/2025 hervor. Unter dem Titel „Zwischen Nachfrageboom und Baukostenanstieg“ zeigt der Artikel die strukturellen Herausforderungen am Wohnungsmarkt auf, die sich aus steigender Nachfrage und fehlendem Angebot ergeben. Der Beitrag versucht, Lösungsansätze aufzuzeigen, um den Wohnungsbau wieder wirtschaftlich gestalten und zugleich die Mieten deutlich absenken zu können.
Baukosten als Kernproblem des Wohnungsbaus
Die Baukosten haben sich zum zentralen Hemmnis im Wohnungsbau entwickelt, die sich unmittelbar auf die Mieten auswirken und den Neubau insgesamt erschweren. Hinzu kommt neben schlechteren Finanzierungsbedingungen vor allem die Regulatorik, die den Wohnungsbau belastet. Neben rund 2.300 DIN-Normen existieren heute etwa 20.000 Vorschriften, wenn gesetzliche, technische und kommunale Regelungen einbezogen werden. Diese Entwicklung trägt wesentlich zur Kostensteigerung im Wohnungsbau bei.
Freifinanzierte Neubauten sind in diesem Umfeld kaum noch zu bezahlbaren Mieten realisierbar. „Bei einer Renditeerwartung von 5 Prozent sind Nettokaltmieten von bis zu 25 Euro pro Quadratmeter in den Städten nötig, um Wohnungsbau unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu realisieren. Eine Senkung der Baukosten um 20 bis 30 Prozent würde die Mieten deutlich reduzieren, in den Städten auf ein Niveau im Bereich von 17 bis 21 Euro. Bei einer leicht gesenkten Renditeerwartung von 4,5 Prozent wären Neubaumieten ab 15 Euro möglich. Damit wird klar: Ohne spürbare Kostenreduktionen bleibt bezahlbarer Wohnungsneubau unrealistisch“, sagt Francesca Boucard, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers in Deutschland.

Lösungsansätze zur Senkung der Baukosten
Zur Senkung der Baukosten bieten sich zahlreiche Ansatzpunkte: Modulares und serielles Bauen ermöglichen bspw. Einsparungen von bis zu 20 Prozent sowie eine Verkürzung der Bauzeit, was die Kosten ebenfalls reduziert. Holz- und Hybridbauweisen im Fertigbau können bereits ab rund 2.500 Euro pro Quadratmeter realisiert werden. Weitere Potenziale liegen unter anderem im Abbau von Regulierungen sowie im Bereich der Planung und den Bauprozessen selbst. Darüber hinaus könnten kommunale Wohnungsgesellschaften zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes beitragen, indem erzielte Überschüsse gezielt in den Wohnungsbau fließen.
„Ein unterschätzter Faktor am Mietwohnungsmarkt sind kommunale und landeseigene Wohnungsunternehmen, die in vielen Städten erhebliche Anteile am Wohnungsbestand besitzen, etwa in Berlin, Frankfurt und Hamburg im Bereich von 20 Prozent und mehr. Allein in diesen drei Städten erzielten die kommunalen Wohnungsunternehmen im Jahr 2024 einen Überschuss von über 600 Millionen Euro. Diese Mittel könnten gezielt zur Mietsenkung oder zum Neubau eingesetzt werden. Auf den Wohnungsbestand der Unternehmen gerechnet wären hier Mietreduktionen von monatlich bis zu 1,40 Euro pro Quadratmeter möglich. Bei Bebauung von kommunalen Grundstücken wäre der Neubau von rund 2.000 Wohnungen jährlich möglich. Entscheidend ist, dass die Überschüsse strategisch für die Sicherung und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum genutzt werden“, sagt Felix von Saucken, CEO Colliers Deutschland.
Der Beitrag ist im ifo Schnelldienst 10/2025 erschienen und steht zum Download zur Verfügung.