Gewerbe-Preisspiegel 2025/2026: Qualität trägt – einfache Lagen verlieren
IVD-Analyse mit Daten aus rund 420 Städten zeigt stabile Märkte in guten Lagen sowie strukturelle Herausforderungen in älteren Beständen
- Büroflächen: ESG-konforme Flächen bleiben gefragt – ältere Bestände geraten zunehmend unter Druck
- Gewerbegrundstücke: Differenzierte Entwicklung – Qualität und Infrastruktur bestimmen den Wert, parallele Entwicklung zu Büroflächen
- Einzelhandel: Frequenzen stabilisieren sich, Lagen driften weiter auseinander
- Ausblick: Standortqualität entsteht, wo Energie, Mobilität und Nutzungsmischung zusammengedacht werden
Der Immobilienverband Deutschland (IVD) stellt heute seinen Gewerbe-Preisspiegel 2025/2026 vor. Die Auswertung basiert auf Daten aus rund 420 Städten und bietet ein aktuelles Lagebild des deutschen Gewerbe-Immobilienmarkts. Das Fazit: Der Markt stabilisiert sich – aber über Qualität.
„Entscheidend sind Lage, Ausstattung und Nutzungskonzept“, betont Jeanette Kuhnert, Gewerbe-Immobilienmaklerin in Hamburg und IVD-Vizepräsidentin. Ihr Präsidiums-Kollege Axel Quester, dessen Maklerunternehmen seinen Sitz in Duisburg hat, ergänzt: „Der Wert einer Gewerbe-Immobilie entscheidet sich heute weniger auf dem Reißbrett als im Quartier. Nur, wo Energie, Mobilität und Umfeldentwicklung zusammengedacht werden, entsteht Standortqualität, die dauerhaft trägt – vor allem dort, wo Eigentümer und Kommunen gemeinsame Ziele verfolgen.“
Büro-Immobilien
Für moderne, ESG-konforme und zentral gelegene Büroflächen wird weiterhin mehr gezahlt. In den Top-8-Städten stiegen die Mieten für Flächen mit gutem Nutzungswert um rund sechs Prozent, im Bundesdurchschnitt um gut drei Prozent. Büros mit mittlerem Nutzungswert legten im Mittel nur um 0,6 Prozent zu, einfache um 0,7 Prozent – inflationsbereinigt entspricht dies realen Rückgängen. Für Eigentümer älterer Bestände steigt der Anpassungsdruck: Ohne Investitionen in Energieeffizienz und Ausstattung droht struktureller Leerstand. Ein Teil des nicht mehr nachgefragten Bestands könnte künftig – unterstützt durch entsprechende Förderprogramme – in Wohnraum umgewandelt werden.
„Die Stabilisierung des Marktes zeigt, dass Qualität gefragt bleibt“, so Kuhnert. Viele Unternehmen wandeln klassische Arbeitsplätze in Kommunikationszonen um, um Präsenzzeiten attraktiver zu gestalten. Der Homeoffice-Anteil hat sich auf einem planbaren Niveau eingependelt, der Fokus liegt wieder auf Raumwirkung, Aufenthaltsqualität und Effizienz.
Städtevergleich: Frankfurt im Plus, Hamburg und Düsseldorf mit Rückgängen
- Großstädte: Stagnation bei einfachen und mittleren Büroflächen, über drei Prozent Mietpreisanstieg bei guten Flächen.
- Mittelstädte: Zuwächse zwischen +1,0 bis +1,3 Prozent bei allen Nutzungswerten.
- Kleinstädte: +1,0 Prozent bei einfacheren Flächen, +0,5 Prozent Anstieg bei mittleren und guten Flächen.
- Frankfurt am Main ist 2025 die einzige Metropole mit Preiszuwächsen in allen Segmenten: einfache Büros +10 Prozent, mittlere +8 Prozent, gute +7 Prozent.
- München bleibt die teuerste Stadt: 23 Euro pro m² für einfache, 34,5 Euro pro m² für mittlere und bis zu 50 Euro pro m² für gute Büroflächen (+4,5 Prozent im mittleren Segment, rund +19 Prozent bei guten Flächen).
- Stuttgart verzeichnet eine heterogene Entwicklung: gute Flächen +7,6 Prozent, einfache und mittlere –2,5 Prozent.
- Düsseldorf hat deutliche Rückgänge bei mittleren (–11,5 Prozent) und guten (–18,8 Prozent) Flächen.
- Hamburg verliert über alle Segmente zwei bis sieben Prozent.
- Köln zeigt Stabilität im mittleren Bereich, Zuwächse von 2,3 Prozent im guten Nutzungswert.
- Leipzig bleibt günstigster Top-Standort mit Mieten von 8 bis 13,30 Euro pro m², stabilen Preisen im einfachen und mittleren Segment und starkem Anstieg bei guten Flächen (+6,4 Prozent).
- Berlin erhebt die Daten seit 2025 mit geänderter Segmentierung; Durchschnittsmiete 28 Euro pro m² (–2,4 Prozent), Spitzenmiete +1 Euro auf 46 Euro pro m².
Deutschlandweit liegen die Durchschnittsmieten bei: 8,25 Euro pro m² (einfach), 11,15 Euro pro m² (mittel) und 15,45 Euro pro m² (gut).
Gewerbegrundstücke
Nach zwei Jahren Stillstand setzt sich 2025 eine differenzierte Entwicklung fort.
Während einfache Lagen bundesweit um 1,8 Prozent und mittlere um 0,1 Prozent nachgaben, legten Grundstücke in guten Lagen leicht um 0,7 Prozent zu.
Regionale Trends:
- In den Großstädten sinken die Preise im mittleren Nutzungswert zwischen -4,8 (einfache Lagen) bis -0,2 (gute Lagen) Prozent.
- Die Mittelstädte gewinnen im mittleren Nutzungswert bei den mittleren Lagen am meisten mit +1,2 Prozent, auch leichte Anstiege bei den anderen Lagen.
- Anstiege in den Kleinstädten im mittleren Nutzungswert um +1,2 Prozent (einfache und mittlere Lagen) und +1,5 Prozent in den guten Lagen.
- München bleibt teuerster Markt mit 500 bis 1.450 Euro pro m².
Nach den Rückgängen 2024 stabilisiert sich die Lage in den guten Segmenten, während einfache Lagen weiter nachgeben. - Stuttgart zeigt Zuwächse bei allen Segmenten, stärker jedoch bei den einfacheren Lagen.
- Düsseldorf gewinnt in guten Lagen hinzu, verliert in einfachen.
- Leipzig bildet das untere Ende der Preisskala mit 70 bis 180 Euro pro m².
- Hamburg verzeichnet als einzige Top-Stadt Verluste bei den guten Lagen (-6,8 Prozent), gewinnt hingegen marginal bei den mittleren Lagen und stagniert bei einfachen Lagen.
- Frankfurt und Köln stagnieren in allen Lagen
- Berlin ohne Erhebung
„Bei Gewerbegrundstücken ist eine parallele Entwicklung wie bei Büroflächen festzustellen. Für die meisten untersuchten Standorte gilt: Je besser die Lage und die Infrastruktur, desto robuster die Preisentwicklung“, betont Quester. „Verkehrsanbindung, Glasfaser und Energieversorgung sind heute die entscheidenden Standortfaktoren.
Einzelhandels-Immobilien
Nach Jahren der Zurückhaltung wirkt der private Konsum wieder als Stabilitätsfaktor. Die Anschaffungsneigung erreicht – sowohl beim GfK-Konsumklima als auch beim HDE-Konsumbarometer – Höchststände seit dem Jahr 2022. Die Kaufkraft liegt mit rund 31.000 Euro pro Kopf nominal über dem Vorjahr und real auf stabilem Niveau.
Gleichzeitig verändert sich die Handelslandschaft: Die Zahl der stationären Geschäfte ist laut HDE bei annähernd gleichbleibender Fläche auf rund 306.000 gesunken – seit 2015 ein Rückgang um fast 20 Prozent. Die Besucherfrequenzen der Innenstädte erholen sich jedoch: Laut Hystreet-Index stiegen sie 2024 um 1,5 Prozent.
Einzelhandelsmieten: Lagen driften auseinander
Auch wenn gut sichtbare Ladenlokale in frequenzstarken Bereichen mit zeitgemäßer Ausstattung nachgefragt bleiben, können sie ihr Mietniveau nicht behaupten: In den 1a-Lagen der Geschäftskerne sanken die Mieten 2025 im Durchschnitt um rund drei Prozent, in den 1b-Lagen um etwa zwei Prozent. Auch in den Nebenlagen setzte sich der moderate Abwärtstrend fort.
Städtevergleich: München bleibt Spitze, Düsseldorf mit hoher Spreizung
- Großstädte: Preisrückgänge um -2 Prozent in den Top-Lagen, etwa -0,5 Prozent in den Nebenlagen der Geschäftskerne.
- Mittelstädte: Stärkere Preisrückgänge um -2,5 Prozent in den besten Lagen und um
-1,7 Prozent in den innerstädtischen Randlagen. - Kleinstädte: Geringe Preisrückgänge in den besten Lagen um -0,5 Prozent, zwischen
-1,1 und -1,6 Prozent an den Rändern der Hauptgeschäftslagen. - München bleibt Spitzenreiter mit bis zu 295 Euro pro m² für kleine und 230 Euro pro m² für große Flächen in Toplagen. Einzige Metropole mit Preisanstiegen in den Spitzenlagen.
- Düsseldorf und Köln weisen die stärksten Preisgefälle auf – kleine Flächen sind teils doppelt so teuer wie große.
- Berlin: Unverändertes Preisniveau, Spitzenmieten bis zu 300 Euro pro m² am Tauentzien.
- Frankfurt am Main bleibt teuer mit 200 bis 240 Euro pro m², aber – wie im Vorjahr – rückläufig.
- Hamburg: marginale Rückgänge bis drei Prozent, größere Flächen in Randlagen der Geschäftskerne mit starkem Preisanstieg (+11,5 Prozent).
- Stuttgart durchweg mit Preisrückgängen zwischen vier und acht Prozent.
- In Leipzig liegen Topmieten bei rund 93 Euro pro m², in Randlagen der Geschäftskerne teils unter 30 Euro pro m². Preisniveau nahe an Hamburg, wenngleich noch etwas drunter.
„Entscheidend für gute Innenstadtlagen sind heute Nutzungsmischung, Aufenthaltsqualität und Erlebniswert. Der stationäre Handel kann sich behaupten, wenn er neue Formate wagt und Synergien mit Gastronomie, Dienstleistungen und Events nutzt“, führt Kuhnert aus. „Großen Einfluss hat auch die Attraktivität und die Aufenthaltsqualität im Umfeld der Einzelhandelsgeschäfte. Die Innenstadt lebt – aber sie verändert sich und bedarf der Anstrengung von Kommunen, Eigentümern, Mietern und letztlich allen Bürgern.“
Ausblick: Standortqualität als Zukunftsfaktor
„Die Ergebnisse unseres Preisspiegels zeigen klar, dass der Gewerbe-Immobilienmarkt sich anpasst“, resümiert Quester. „Nachhaltigkeit, Flexibilität und Umfeldqualität entscheiden zunehmend über Erfolg oder Leerstand.“
Der IVD hält gezielte Förderprogramme für die Umnutzung nicht mehr benötigter Büroflächen zu Wohnzwecken für sinnvoll. Das von der Bundesregierung aktuell ausgesetzte Programm „Gewerbe zu Wohnen“ soll im kommenden Jahr fortgeführt werden, im Entwurf des Bundeshaushalts sind dafür 360 Millionen Euro vorgesehen. Noch wichtiger als Fördermittel ist eine Vereinfachung und Flexibilisierung der Regeln des Bundes und der Länder für das Bauen im Bestand. Auch die Kommunen sollten ihre Ermessensspielräume als örtliche Baugenehmigungsbehörden so weit wie möglich nutzen, um – auch im eigenen Interesse – den Wandel zu ermöglichen.
