Logistik | Studien

Höhere Leistungsfähigkeit treibt den Energiebedarf von Rechenzentren an

Stromverfügbarkeit, Nachhaltigkeit und Regulatorik stellen Herausforderungen dar

Frankfurt am Main, 22.05.2025

Rechenzentren zählen zu den wachstumsstärksten Assetklassen im Immobiliensektor. Befeuert durch den Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) ziehen sie vermehrt das Interesse von Anlegern auf sich. Eine zentrale Herausforderung für Investoren und Betreiber zugleich stellt dabei allerdings der hohe Energiebedarf der Assetklasse dar, wie aus der JLL-Analyse „Energieversorgung für Rechenzentren“ hervorgeht. So dürfte im Jahr 2025 der weltweite Energieverbrauch von Rechenzentren je nach Szenario zwischen 600 TWh und 1050 TWh liegen – damit würden sie für rund zwei Prozent des globalen Energieverbrauchs verantwortlich sein. In Deutschland fällt der Anteil mit annähernd 3,7 Prozent und nahezu 18 Milliarden KWh noch höher aus.

„Obwohl intensiv an der Energieeffizienz geforscht wird, führt der technologische Fortschritt zu einem steigenden Strombedarf von Rechenzentren, insbesondere durch die wachsende Leistungsfähigkeit neuer KI-Chips. Diese verbrauchen teilweise bis zu 300 Prozent mehr Strom als ihre Vorgängergeneration“, erklärt Martina Williams, Head of Work Dynamics Northern Europe bei JLL. Work Dynamics bietet Unternehmen spezialisierte Outsourcing-Services. Dazu zählen Immobilienberatung und -dienstleistungen im Corporate-Real-Estate- und das Integrierte Facility-Management, Portfolio- und Technologiemanagement sowie Project-and-Development-Services. „Der steigende Bedarf an KI-Dienstleistungen, Sprach- und Bilddatensätzen sowie Deep-Learning-Anwendungen wird den Strombedarf auch in naher Zukunft maßgeblich beeinflussen“, erläutert Williams. Nachdem die weltweite Leistung von Rechenzentren 2020 noch bei 28 GW und zuletzt bei 50 GW lag, dürfte sie Prognosen zufolge bis 2029 auf rund 100 GW steigen.

In vielen Ländern werden Small Modular Reactors (SMR) als kohlenstoffarme Lösung für den hohen Energiebedarf von Rechenzentren diskutiert und könnten ab 2030 eine größere Rolle spielen. Deutschland verfolgt jedoch einen anderen Ansatz: Die Bundesregierung setzt auf umweltfreundliche Lösungen, insbesondere soll die Energieeffizienz gesteigert und erneuerbare Energien ausgebaut werden.

Das Energieeffizienzgesetz schreibt vor, dass Rechenzentren ihren Stromverbrauch seit 2024 zur Hälfte und ab 2027 vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien decken müssen – zumindest bilanziell. Zusätzlich müssen Betreiber bei Inbetriebnahme ab Juli 2026 einen Anteil von mindestens zehn Prozent wiederverwendeter Energie nachweisen, der schrittweise steigen soll und bei Inbetriebnahme ab Juli 2028 bei 20 Prozent liegen wird.

„Die begrenzte Stromverfügbarkeit in Deutschland stellt eine Herausforderung für die Entwicklung von Rechenzentren dar“, betont Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. „Bis 2030 sind neue Stromkapazitäten laut Verteilnetzbetreibern nur in sehr begrenztem Umfang verfügbar, wenngleich je nach Standort und Leistungsbedarf nicht ausgeschlossen. Ebenfalls hinderlich sind Engpässe bei der Bereitstellung ausreichender Leitungsinfrastruktur sowie die wenigen Genehmigungen neuer Leitungen.“

Als Konsequenz der Stromknappheit in etablierten Märkten wie Frankfurt und Berlin expandieren Betreiber und Entwickler zudem in andere Regionen, in denen sich allerdings langfristig ähnliche Herausforderungen abzeichnen. Um dem wachsenden Energiebedarf gerecht zu werden, sind zusätzliche Kraftwerke, auch mit Gas als Primärquelle und späterer Umstellung auf Wasserstoff, sowie der Ausbau der Stromtrassen unerlässlich.

Eine größere Rolle wird in Zukunft die Nutzung der Abwärme von Rechenzentren spielen. Ziel ist es, diese in kommunale Wärmenetze einzuspeisen, um Haushalte effizient und günstig mit Wärme zu versorgen. Dies erfordert jedoch den Ausbau der Wärmenetze und eine engere Zusammenarbeit zwischen Rechenzentrumsbetreibern und kommunalen Energieversorgern. Kommunen sollten diesen Umstand in ihren Wärmeplänen berücksichtigen, die sie ohnehin bis Mitte 2028 erstellen müssen.

„Gesetzgeber, Kommunen, Netzbetreiber und Rechenzentrumsbetreiber müssen verstärkt zusammenarbeiten, damit Deutschland weiterhin ein attraktiver Standort für Rechenzentren ist“, betont Williams. „Insbesondere das Potenzial als ‚grüner‘ Standort ist vorhanden, schließlich ist Deutschland europaweit bei der Photovoltaikkapazität vorne mit dabei und zählt weltweit zu den Ländern mit den höchsten Offshore-Windkapazitäten.“ Mit einem Anteil von 61,7 Prozent erneuerbarer Energien am Stromverbrauch im Jahr 2024 bei steigender Tendenz und dem Ausbau der Energieeffizienz sei ein nachhaltiger Betrieb von Rechenzentren hierzulande sehr gut möglich.