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Investitionen in Infrastruktur in Deutschland: Welche Maßnahmen die Assetklasse voranbringen

Expertenpanel beleuchtet Chancen für Ausbau von Infrastrukturinvestments in Deutschland / Unterschiedliche Erwartungshaltung hemmen Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft / Bei Anlegern gefragt: Investments im Mid-Market-Segment / Neue Regulatorik vereinfacht Investments in Projekte der Daseinsvorsoge

Luxemburg, 29.10.2025
Christoph Kraiker - CEO bei Hauck & Aufhäuser Fund Services.

Das Sondervermögen der Bundesregierung über 500 Mrd. Euro wird nicht ausreichen, um die nötigen Infrastrukturinvestitionen zu tätigen; zusätzliches privates Kapital ist nötig. Allein um die selbstgesteckten Ziele zur Energiewende bis 2030 zu bewältigen, müssten insgesamt 1 Billion Euro investiert werden. Aber es gibt viele Hindernisse, die eine Zusammenarbeit von Staat und Privatwirtschaft erschweren. In einer Expertenrunde diskutierten Christoph Kraiker, CEO bei Hauck & Aufhäuser Fund Services, Dr. Dirk Krupper, Geschäftsführer Helaba Invest, und Martin Hüwel, Rechtsanwalt und Partner bei Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, über die Chancen und Herausforderungen privatwirtschaftlicher Investitionen in Infrastrukturprodukte.

Renditestarke Anlageklasse, begrenzte Möglichkeiten im Inland

„Die Werte für Infrastrukturinvestments sind vielversprechend“, so Dirk Krupper. Seit 2010 erzielen Infrastrukturinvestments eine durchschnittliche jährliche Rendite von 10,7 Prozent. Gleichzeitig fallen die jährlichen Renditeschwankungen mit durchschnittlich 3,8 Prozent vergleichsweise gering aus. Für beispielsweise ausschüttungsorientierte Infrastrukturinvestments (Core-Plus) liegt die Internal Rate of Return (IRR) zwischen 8 und 11 Prozent auf Zielfondsebene. Bei wachstumsorientierten Value-Add-Infrastrukturinvestments erreicht die IRR sogar Werte zwischen 11 und 15 Prozent. 

„In Deutschland ist das Angebot für Infrastruktur-Investments noch überschaubar. Dabei ist das Interesse groß. Weil die Nachfrage im Inland nicht bedient werden kann, investieren viele deutsche Investoren wie Familiy Offices, Versicherungen und Versorgungswerke etc. stattdessen im Ausland“, fasste Dirk Krupper zusammen.

Dr. Dirk Krupper, Geschäftsführer Helaba Invest. ©Helaba Invest

Das liegt laut Christoph Kraiker unter anderem daran, dass die Rahmenbedingungen für Infrastruktur-Investments in anderen europäischen Ländern besser seien. „Länder wie die Niederlande, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz oder Österreich haben umfangreiche Erfahrungswerte mit öffentlich-privaten Partnerschaften. Das hat zur Folge, dass es eine große Auswahl und eine hohe Kompetenz bei den Marktakteuren gibt. So werden beispielsweise in Österreich Autobahnen und Schnellstraßen von der Firma ASFINAG betreut. Sie erhält keine Gelder aus dem Staatshaushalt, sondern finanziert sich ausschließlich über Mauteinnahmen und Kapitalmarkt-Anleihen. Wenngleich ASFINAG dem Staat gehört, unterliegt sie keiner Steuerung durch die Politik. Das sorgt für eine große Stabilität bei der strategischen und finanziellen Ausrichtung und macht sie attraktiv für Investoren“, erläutert Kraiker.

Darüber hinaus seien in Deutschland Projekte im Bereich Public-Private-Partnership (PPP) noch immer selten und die Vorbehalte groß. Das liege unter anderem an den unterschiedlichen Interessen von öffentlicher Hand und Investoren. „Politiker denken in Legislaturperioden. Sie wollen den schnellen Erfolg. Infrastrukturprojekte sind hingegen langfristig angelegt. Oft dauert es von der Planung bis zur Inbetriebnahme über zehn Jahre“, führt Martin Hüwel aus. Darüber hinaus stellt er auf beiden Seiten unterschiedliche Erwartungen fest: „Kommunen denken vornehmlich an die Daseinsvorsorge, ob sie beispielsweise genügend KiTa-Plätze oder Bildungseinrichtungen für ihre Bürger haben und ob diese in einem guten Zustand sind. Investoren hingegen haben Interesse an gut strukturierten Projekten mit überschaubaren Risiken, die einen stabilen Cashflow und eine möglichst hohe Rendite erzielen. Bei der vertraglichen Gestaltung von PPP-Projekten hakt es zudem häufig an der Ausgestaltung von Mitspracherechten der Investoren etwa bei der Betreiberauswahl.“ 

Die Experten sind sich einig, dass die Hürden erfreulicherweise sinken und sich bei der Politik – egal ob auf Bundes- oder Kommunalebene – der Gedanke durchsetzt, dass sich das Land ohne privates Kapital nicht zukunftssicher aufstellen kann. Das gilt vor allem für die Bereiche erneuerbare Energien, Strom- und Fernwärme-Versorgung sowie den Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur. „Dabei ist es wichtig, Standardverträge und einheitliche Prozesse zu entwickeln, damit beispielsweise Stadtwerke und Investoren schneller zusammenfinden. Es kostet viel Zeit und Energie, wenn Anleger mit jedem Stadtwerk einzelne Vertragsbestandteile verhandeln“, ist sich Hüwel sicher. 

Martin Hüwel, Rechtsanwalt und Partner bei Luther Rechtsanwaltsgesellschaft. ©Jörg Modrow/laif

Eine verbesserte Regulatorik könnte Marktdynamik steigern

Kraiker ergänzte dazu: „Neben dem Kreieren von Pooling-Vehikeln müssen bei Infrastruktur-Investments auch vertretbare Laufzeiten gewährleistet sein. Viele Investoren suchen nach zehn Jahren den Exit. Dabei könnten neben klassischen Fonds als Alternative auch Infrastruktur-Kreditfonds aufgelegt werden, die vertraglich recht flexibel gestaltet und vergleichsweise kurzfristig aufgelegt werden können, da sie weniger Auflagen erfüllen müssen.“  

Mehrere Gesetzesänderungen sorgen aktuell für mehr Sicherheit und eine bessere Planbarkeit. Zu nennen ist das Fondsstandortgesetz, das Zukunftsfinanzierungsgesetz I, die Anpassung der Anlageverordnung sowie das Standortfördergesetz, das Anfang 2026 in Kraft treten soll. Letzteres soll gezielt Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien vereinfachen. Ferner setzt sich die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag auf europäischer Ebene für eine praxisnahe Überarbeitung von Solvency II ein. Ziel ist es, das Investitionspotenzial der Versicherungswirtschaft stärker für Infrastruktur- und Wagniskapitalprojekte zu mobilisieren und übermäßige nationale Kapitalpuffer nach Möglichkeit abzubauen.

Besonders beliebt: Investitionen in Energie, soziale Infrastruktur und Logistik 

Als besonders spannende Investment-Ziele sieht Kraiker den Ausbau von Anwendungen der Künstlichen Intelligenz: „Hier hinkt Europa hinter den USA und China hinterher. Ferner sind Investitionen in Energie stark nachgefragt. Das gilt vor allem für Solar- und Windparks. Darüber hinaus stehen Investitionen in die soziale Infrastruktur weit oben auf der Liste der Investoren. Dazu zählen unter anderem Gesundheits- und Bildungseinrichtungen.“ „Das Augenmerk der Investoren richtet sich vor allem auf Core- und Core-Plus-Produkte“, beobachtet Hüwel.

Laut Krupper hätten künftig auch wichtige Nischensektoren ihre Relevanz, wie Investments in Biomasse oder Waldflächen. „Ich bin mir sicher: Je mehr Bedeutung Infrastruktur-Investments künftig haben, umso mehr werden auch Nischen-Angebote an Bedeutung gewinnen.“

Was die Größe der Investments angeht, sei nach Krupper das Mid-Market-Segment besonders stark nachgefragt. Dies erlaube es Anlegern, ihr Portfolio zu diversifizieren und in mehrere vielversprechende Infrastruktur-Assets zu investieren, um Klumpenrisiken zu vermeiden. 

Fazit und Ausblick

Um den Knoten der notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zu lösen, ist privates Kapital unerlässlich. In Deutschland ist der Markt aus Investorensicht jedoch noch nicht gut vorbereitet. Es existieren viele Hürden und Vorbehalte, die eine Zusammenarbeit zwischen staatlichen Organen und Privatwirtschaft behindern. Gleichwohl hat die Politik diese Problematik erkannt und verabschiedete verschiedene Gesetze, die Infrastruktur-Investments fördern sollen. 

Wenn die Maßnahmen greifen, könnte das künftig zu einer veränderten Sicht auf Infrastruktur und Immobilien führen: „Bereits heute liegt das Transaktionsvolumen von Infrastruktur – gleichauf mit dem von Immobilien-Assets. Ich halte es für realistisch, dass in acht bis zehn Jahren Immobilien als Sub-Assetklasse von Infrastruktur betrachtet werden. Schließlich gibt es schon jetzt zahlreiche Überschneidungen, etwa bei Pflegeimmobilien, Datacentern, Logistikhallen oder beim sozialen Wohnungsbau“, so Krupper abschließend.