Politik

IVD zu 100 Tagen neue Regierung: Ein Kurswechsel für mehr Investitionen in den Wohnungsbau und mehr Markt sieht anders aus

Berlin, 13.08.2025

Einen Tag vor Ablauf der ersten 100 Tage im Amt zieht der Immobilienverband Deutschland IVD eine kritische Zwischenbilanz: Zwar haben Bundeskanzler Friedrich Merz und Bauministerin Verena Hubertz die Wohnungspolitik auf die Agenda gesetzt. Bekommen haben Eigentümer und Immobilienwirtschaft aber nur die Verlängerung der Mietpreisbremse.

Die Bautätigkeit in Deutschland befindet sich weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau – weit entfernt von den jährlich benötigten 320.000 Wohnungen. Große Hoffnungen, dass Bundeskanzler Friedrich Merz den Wohnungsbau zur Chefsache macht, haben sich bislang nicht erfüllt. „100 Tage sind genug, um die Richtung zu markieren. Anstatt der Ankurbelung des Wohnungsbaus dominieren Regulierungsideen“, erklärt IVD-Präsident Dirk Wohltorf.

„Ein Kurswechsel für mehr Investitionen in den dringend benötigten Wohnungsbau und mehr Markt sieht anders aus. Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit hat die Regierung durch die Diskussion um eine Änderung der Neubauausnahme bei der Mietpreisbremse zulasten der damaligen Investoren das Vertrauen und die Investitionsbereitschaft der Immobilienwirtschaft massiv beschädigt. Der Markt braucht aber Planungssicherheit und das klare Signal: Private Investitionen sind willkommen.“

Bau-Turbo nur wirksam, wenn Kommunen mitziehen

Der im Bundestag beratene Bau-Turbo kann aus Sicht des IVD ein kraftvoller Hebel für mehr Wohnraum sein – aber nur, wenn die Kommunen ihn aktiv nutzen. „Ob aus dem Bau-Turbo kein Bau-Stotterer wird, entscheidet sich vor Ort. Bürgermeister, Stadträte und Bauämter müssen den neuen planerischen Spielraum nutzen. Sonst bleibt das Gesetz ein Papiertiger“, warnt Wohltorf.

Private Bauherren entlasten und Eigentum fördern

Der IVD verweist darauf, dass private Bauherren und Selbstnutzer eine tragende Säule des Wohnungsbaus darstellen – 2024 entfielen über 60 Prozent der genehmigten Neubauten auf private Akteure. Doch hohe Baukosten, komplexe Vorschriften und unsichere Förderbedingungen bremsen. Zur Aktivierung des Bauüberhangs sollte daher die Förderfähigkeit des EH55-Standards befristet wiederhergestellt werden, wie es auch im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Schätzungen zufolge könnten allein dadurch bis zu 51.000 Wohneinheiten realisiert werden.

„Wenn die Regierung es ernst meint mit mehr Wohneigentum, muss sie eine tragfähige Eigentumsförderung auf die Beine stellen. Gerade für Familien sind eigenkapitalersetzende Bürgschaften oft entscheidend, um es in die eigenen vier Wände zu schaffen“, drängt Wohltorf.

Private Vermieter sichern Wohnraum

Private Vermieter stellen rund zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland und sind damit eine tragende Säule des Wohnungsmarktes. Steigende Sanierungskosten und die Mietpreisbremse schmälern jedoch ihre Spielräume, in den Immobilienbestand zu investieren. Ziehen sich private Vermieter aus wirtschaftlichen Gründen zurück, verschärft das für Wohnungssuchende – vor allem in den beliebten Großstädten – den Wettbewerb um knappen Wohnraum. Eine Kürzung oder gar ein Stopp der BEG-Förderprogramme würde dringend nötige energetische Sanierungen ausbremsen und die Klimaziele in weite Ferne rücken.

Wärmewende ohne klare Leitplanken

Trotz der zentralen Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums bleibt offen, wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) geändert werden soll. Aus dem Ressort von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche gibt es bislang keine klare Strategie, wie Klimaziele, Wirtschaftlichkeit und soziale Verträglichkeit in Einklang gebracht werden können. Bei den von der Ampel eingeführten Heizungsregelungen besteht großes Potenzial zur drastischen Vereinfachung. Unklar ist zudem, wie die versprochene Ausrichtung der Vorgaben auf CO₂-Emissionen statt auf starre Quoten erneuerbarer Energien umgesetzt werden soll.

„Die Wärmewende gelingt nur, wenn sie wirtschaftlich tragfähig, technologieoffen und zuverlässig planbar ist. Derzeit fehlen belastbare Ansätze und Zeitpläne – auch für die Umsetzung der Europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) bis Juni 2026“, kritisiert der IVD-Präsident. „Dringlich ist zudem die Reform der Wärmelieferverordnung: Solange neue klimaneutrale Wärmesysteme nicht teurer sein dürfen als bestehende fossile Heizungen, bleibt der Ausbau der Fernwärme blockiert – und damit die Dekarbonisierung. Im Gebäudeenergiebereich fehlt weiterhin ein funktionierendes Gesamtkonzept. Jeder weitere Monat des Zögerns vergrößert den Sanierungsstau.“

IVD-Forderungen für den politischen Herbst

Nach der Sommerpause erwartet der IVD von der Politik:

  1. Schnelle Einführung und flächendeckende Umsetzung des Bau-Turbos durch die Kommunen
  2. Verlässliche Förderprogramme für private Bauherren, insbesondere eigenkapitalersetzende Bürgschaften
  3. Verzicht auf marktbremsende Regulierung wie die zahlreichen geplanten Änderungen im Mietrecht oder das Umwandlungsverbot
  4. Technologieoffene Wärmepolitik mit einfachen Regelungen, realistischen Umsetzungsfristen und einer Reform der Wärmelieferverordnung

„Hundert Tage nach Amtsantritt zählt nicht mehr, was angekündigt, sondern was umgesetzt wird. Jetzt ist der Moment, den Rückenwind für Investitionen zu erzeugen – sonst bleibt der Wohnungsbau im Gegenwind stecken“, fasst Wohltorf zusammen.