Mixed-Use-Immobilien: IREBS-Studie zeigt Preisvorteile bei diversifizierten Gebäuden
Eine neue Studie* der IREBS Immobilienakademie GmbH im Auftrag von Midstad belegt: Gebäude mit einer ausgewogenen Mischung unterschiedlicher Nutzungsarten erzielen in urbanen Märkten signifikant höhere Immobilienpreise. Für Frankfurt am Main und Berlin zeigen die Analysen, dass über alle Modellkonzeptionen hinweg deutlich häufiger Preiszuschläge als Preisabschläge mit dem Mischungsgrad einhergehen. Es wurde auch gezeigt, dass dies insbesondere für Objekte mit hohem Mischungsgrad gilt. Die empirische Analyse von über 1.100 Transaktionen in Berlin und Frankfurt am Main zeigt, dass eine funktionale Diversifizierung innerhalb eines Objekts zu einem messbaren Wertzuwachs führen kann. Die Studie liefert erstmals quantitative Belege für die Annahme, dass Mixed-Use-Immobilien nicht nur architektonisch und gesellschaftlich, sondern auch ökonomisch vorteilhaft sind. Eine höhere Nutzungsvielfalt führt zu stabileren Erträgen, und damit oft zu höheren Werten und einer nachhaltigeren Stadtentwicklung.
Funktionale Vielfalt als Werttreiber
Die Untersuchung „Wirtschaftlicher Erfolg von Mixed-Use-Immobilien“ ist die bislang umfassendste empirische Analyse ihrer Art in Europa. Sie nutzt Diversifizierungsindizes, um die Nutzungsvielfalt innerhalb einzelner Gebäude exakt zu messen. Dafür haben die Studienautoren hedonische Regressionsmodelle angewendet, um Preiszusammenhänge zu quantifizieren. Das Ergebnis: In Frankfurt zeigen alle signifikanten Modelle einen klar positiven Preiseffekt ab einem Diversifizierungsindex von 0,70. In Berlin beginnt der positive Effekt bereits ab 0,54. (Monostrukturierte Gebäude haben einen Diversifizierungsindex von 0, ein Gebäude mit drei gleichgewichteten Nutzungen hat einen Indexwert von 1). „Dank der Studienergebnisse können wir mit dem Vorurteil aufräumen, dass eine Nutzungsmischung zu Preisabschlägen bei Endinvestoren führt“, sagt Dr. Kevin Meyer, Geschäftsführer von Midstad. „Die intelligente Kombination verschiedener Nutzungsarten erhöht die langfristige Vermietbarkeit und senkt das Klumpenrisiko von Mononutzungen in innerstädtischen Lagen. Dadurch steigt auch die Standortqualität. Allerdings muss Mixed-Use auch einer Strategie folgen.“
Strategische Planung statt Zufallsprodukt
Die Studie betont, dass Nutzungsmischung kein Selbstzweck ist. Entscheidend ist, wie die Nutzungen kombiniert werden. Gebäude mit unklarer oder zu heterogener Nutzungsverteilung werden von Investoren teils negativ bewertet, während strategisch abgestimmte Kombinationen z.B. aus Wohnen, Arbeiten, Einzelhandel und Freizeit eine Preisprämie erzielen. „Mixed-Use erfordert Marktverständnis und Maß“, erklärt Prof. Dr. Tobias Just, wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer der IREBS Immobilienakademie. „Eine moderate, klar strukturierte Mischung wird positiv bewertet, während zufällige Kombinationen zu unnötigem Managementaufwand und Ineffizienzen führen können. Der richtige Mix ist sowohl ökonomisch als auch städtebaulich der Schlüssel zum Erfolg.“
Unterschiedliche Dynamiken in Berlin und Frankfurt
Der Vergleich der beiden Metropolen verdeutlicht, wie stark lokale Marktbedingungen den Wert von Mixed-Use-Objekten beeinflussen:
- Frankfurt am Main ist durch eine kompakte, monozentrische Stadtstruktur mit einer hohen Dichte an Büroimmobilien geprägt. 227 Transaktionen (2018–2023) mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 9,45 Mio. € wurden analysiert. Hier reagieren Investoren besonders positiv auf Mischnutzung, da eine ausgeprägte Flächenknappheit und erhöhte Nachfrage nach multifunktionalen Gebäuden zu hohen Preisaufschlägen führen.
- Berlin verfügt über eine polyzentral organisierte Stadtlandschaft mit historisch gewachsener Mischnutzung. 873 valide Transaktionen (2013–2023) wurden mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 16,13 Mio. € untersucht. Der Preisvorteil ist hier weniger stark ausgeprägt, aber breit über verschiedene Bezirke verteilt – besonders in Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Mitte.
Mixed-Use als Antwort auf strukturelle Marktveränderungen
Die Ergebnisse haben über den Immobilienmarkt hinaus Relevanz: In einer Zeit, in der Energieeffizienz, Flächenmangel und veränderte Arbeitswelten den Immobiliensektor prägen, kann Mixed-Use ein Schlüssel für die nachhaltige Entwicklung und Resilienz von Innenstädten sein. „Unsere Innenstädte stehen vor einem tiefgreifenden Wandel von der Einkaufs-, zur Erlebnis- und Begegnungsstadt. Mixed-Use-Konzepte bieten hier eine Zukunftsperspektive. Sie schaffen lebendige Räume, fördern die soziale Interaktion und sichern langfristig stabile Erträge“, so Dr. Kevin Meyer. Die Studie zeigt, dass hohe Diversifizierung auch in Krisenzeiten stabilisierend wirkt. Während der COVID-19-Pandemie und im Zuge steigender Zinsen erwiesen sich gemischt genutzte Gebäude als widerstandsfähig gegenüber Marktschwankungen. Die Vielfalt an Nutzungen verteilt Risiken und ermöglicht eine flexiblere Anpassung an neue Marktbedingungen.
Implikationen für Investoren und Stadtentwickler
Für Investoren ergeben sich aus den Ergebnissen klare Handlungsempfehlungen:
- Bewusste Planung von Nutzungsmischungen kann den Marktwert einer Immobilie erhöhen.
- Lokale Marktkenntnisse sind entscheidend: Was in Frankfurt als wertsteigernd gilt, gilt in Berlin nicht zwingend.
- Mischnutzung stabilisiert Cashflows, insbesondere in volatilen Marktphasen.
„Mixed-Use-Immobilien sind resilient und leisten einen wichtigen Beitrag zur sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit. Wenn Nutzungsmischungen gut geplant sind, entstehen vielfältige Quartiere, die das urbane Leben bereichern und den Anforderungen von morgen gerecht werden“, so Prof. Dr. Tobias Just. „Mixed-Use ist keine Nische mehr, sondern ein neues Leitbild für die Stadt der Zukunft. Wer seine Immobilien strategisch diversifiziert, schafft für Investoren, Städte und die Gesellschaft langfristige Werte“, ergänzt Dr. Kevin Meyer.
*Schwilp, K.O., Oeter, D., P., M., Just, T. (2025). Transformation der Innenstädte Wirtschaftliche Performance von Mixed-Use Immobilien Eine empirische Analyse. Eine Studie im Auftrag und in Kooperation mit Midstad. Beiträge zur Immobilienwirtschaft 31, Regensburg.
