Potsdam hat die beste Infrastruktur aller Städte – Berlin lässt nach
Die 71 größten Städte Deutschlands werden im Städteranking 2025 auf Wirtschaftsniveau, Dynamik und Lebensqualität untersucht. Der erstmalig berechnete Infrastrukturindex misst, wie die Städte in den Bereichen Forschung und Bildung, Verkehr und digitale Netzwerke sowie Klimaresilienz aufgestellt sind. An der Spitze steht Potsdam. Vor dem Hintergrund des 500 Milliarden Euro starken Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) des Bundes soll der Infrastrukturindex zeigen, in welchen Städten und Bereichen Nachholbedarf besteht.
- Bildung, Forschung, Glasfaser: Potsdam hat die beste Infrastruktur aller deutschen Großstädte.
- Pott gegen Süd: München, Stuttgart und Ingolstadt bleiben Spitzenreiter im Niveauranking, Gelsenkirchen, Duisburg und Bremerhaven sind weiterhin Schlusslichter.
- Aufsteiger im Dynamikranking sind Bonn (+36 Plätze), Koblenz (+31) und Heidelberg (+30) – Erlangen verliert deutlich (-38 Plätze).
- Berlin gehört erstmals seit 2016 nicht mehr zu den drei dynamischsten Städten.
- Als einzige Städte landen München und Freiburg im Breisgau in allen drei Bereichen – Niveau, Dynamik und Infrastruktur – in den Top 15.
Das IW Consult hat im Auftrag von WirtschaftsWoche und ImmoScout24 alle 71 kreisfreien Städte Deutschlands mit mehr als 100.000 Einwohner:innen verglichen. Das Städteranking bewertet die Städte in den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaftsstruktur, Immobilienmarkt und Lebensqualität (Niveauranking) sowie deren Entwicklung der letzten fünf Jahre (Dynamikranking).
„Gute Infrastruktur, positive Entwicklungsdynamik und Lebensqualität sind zentrale Faktoren für die Attraktivität von Wohnstandorten und beeinflussen maßgeblich die Wertentwicklung von Immobilien“, sagt ImmoScout24 Geschäftsführerin Dr. Gesa Crockford. „Der neue Infrastrukturindex zeigt erstmals systematisch, wo Investitionen in Bildung, Verkehr, Digitalisierung und Klimaanpassung am dringendsten benötigt werden.“
Potsdam führt den erstmals erhobenen Infrastrukturindex an
Im Infrastrukturindex ganz oben steht die brandenburgische Landeshauptstadt Potsdam mit einer hohen Dichte an Hochschulen (Rang 1) und einem vergleichsweise befriedigendem Zustand der Brücken der Autobahnen und Bundesstraßen (Rang 2). Zudem ist die Dichte an MINT-Forschungseinrichtungen hoch und die Glasfaserversorgung stark (jeweils Rang 5). Den zweiten Platz besetzt Regensburg, das insbesondere in den Bereichen Klima und Bildung stark aufgestellt ist. Ingolstadt komplettiert die Top 3. Es landet gleich bei vier Einzelindikatoren an der Spitze – besonders bei der digitalen und elektrischen Infrastruktur (Gigabitversorgung Schulen, Glasfaserausbau und Dichte von Elektrotankstellen).
Die Schlusslichter im Infrastrukturindex sind Duisburg (Platz 69), Salzgitter (Platz 70) und Hamm (Platz 71). Beim Bereich Bildung (Schulen und Kindertageseinrichtungen pro Einwohner) belegen die Städte die Ränge 67 bis 69 – besonders dramatisch zeigt es sich bei der Gigabitversorgung von Schulen, wo Duisburg und Salzgitter auf Rang 68 beziehungsweise Hamm sogar auf Rang 71 landen.
„Zur Infrastruktur wurden die Bereiche Forschung, Verkehr, Bildung, Digitales und Klima mit insgesamt 18 Indikatoren gezählt,“ sagt Hanno Kempermann, Geschäftsführer der IW Consult. „Während die Top 3 Potsdam, Regensburg und Ingolstadt über eine überdurchschnittlich leistungsstarke Infrastruktur verfügen, müssen in den Low 3 Duisburg, Salzgitter und Hamm hohe Investitionen getätigt werden.”
Wirtschaftskraft: Dresden überholt Berlin
Das Niveauranking bildet die Leistungsfähigkeit einer Stadt ab. Hier gibt es an der Spitze und auf den letzten Plätzen wenig Überraschungen. München steht erneut ganz oben. Die bayerische Landeshauptstadt überzeugt mit Bestwerten beim Arbeits- und Immobilienmarkt. In der Kategorie Lebensqualität hat die Stadt eingebüßt (von Rang 2 auf Rang 10), da sie zuletzt eine negative Wanderungsbilanz vorweist: Die hohen Mieten und Kaufpreise sorgen dafür, dass sich die Einwohner:innen verstärkt anderswo nach einem neuen Zuhause umschauen. Auf Platz 2 des Niveaurankings folgt Stuttgart, das durch hohe gemeindliche Steuerkraft und Produktivität glänzt. Ingolstadt behauptet sich auf Platz 3.
Die großen Aufsteiger sind Trier und Halle an der Saale, die sich jeweils um 11 Plätze verbessert haben, aber weiterhin mit Platz 50 und 51 im unteren Drittel des Niveaurankings bleiben. Beide Städte haben eine sehr gute Abdeckung von Kindertagesstätten. Dresden (Platz 28) hat die Bundeshauptstadt Berlin überholt (Platz 33). Leverkusen verzeichnet den stärksten Rückgang mit einem Minus von 15 Plätzen auf Platz 35. Die Stadt schwächelt insbesondere beim Wohnungsneubau (Rang 60) und der Aufklärungsquote bei Straftaten (Rang 64).
Duisburg (Platz 69), Bremerhaven (Platz 70) und Gelsenkirchen (Platz 71) belegen wie im vergangenen Jahr die hinteren Plätze. Besonders gering ist in allen drei Städten die Beschäftigungsrate von Frauen (Ränge 68, 69 und 71). Hoch ist hingegen der Anteil von Empfänger:innen von Bürgergeld (Duisburg Rang 66, Bremerhaven Rang 70 und Gelsenkirchen Rang 71).
Berlin gehört nicht mehr zu den drei dynamischsten Städten
Mainz führt zum vierten Mal in Folge das Dynamikranking an, welches die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre abbildet. Der BioNTech-Effekt wirkt nach: Das BIP je Einwohner und die Produktivität zeigen weiterhin Spitzenentwicklung. Doch beim Infrastrukturindex (Rang 43) zeigt sich: Der Ausbau der Zukunftsinfrastruktur hinkt der wirtschaftlichen Dynamik deutlich hinterher. Frankfurt am Main rückt im Dynamikranking von Platz 3 auf Platz 2 vor – angetrieben von der bundesweit höchsten Steigerung der gemeindlichen Steuerkraft (Rang 1) und hoher Zunahme hochqualifizierter Beschäftigter (Rang 2). Düsseldorf landet auf Platz 3 mit starken Werten in Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Berlin ist erstmals seit 2016 nicht mehr unter den ersten Plätzen (Platz 4). Die Hauptstadt entwickelt sich schwächer beim Anteil hochqualifizierter Beschäftigter (Rang 28 statt 10); außerdem stagniert die Jugendarbeitslosigkeit auf einem Niveau von 9 Prozent. Hinzu kommt ein schwacher Neubau auf einem sehr angespannten Wohnungsmarkt.
Die alte Bundeshauptstadt Bonn hingegen klettert um 36 Plätze nach oben und erreicht Rang 10 im Dynamikranking. Getrieben wird der Aufstieg besonders durch die Entwicklung bei der Arbeitsplatzversorgung, der Beschäftigungsrate von Frauen und Älteren und der Aufklärungsquote von Straftaten. Koblenz springt vom unteren Drittel (Platz 54 in 2024) ins obere (Platz 23). Auch Heidelberg legt mit +30 Plätzen deutlich zu und landet auf Rang 8. Auf Rang 11 im Dynamikranking steht Freiburg im Breisgau – zusammen mit München die einzige deutsche Großstadt, die in allen drei Rankings eine Top-15-Platzierung erreicht.
Wolfsburg stürzt auf den letzten Platz (Platz 71, Vorjahr: Platz 64) und ist damit die schwächste Stadt im Dynamikranking – getrieben durch negative Entwicklungen in der Wirtschaft (Rang 70), beim Immobilienmarkt (Rang 71) und am Arbeitsmarkt (Rang 63). Den größten Abstieg verzeichnet Erlangen mit einem Minus von 38 Plätzen (von Platz 24 auf Platz 62) – getrieben durch starken Einbruch bei der gemeindlichen Steuerkraft.
„Angesichts der strukturellen Probleme Deutschlands sind gerade in unseren Städten innovative Ideen und Fortschritte bei der Digitalisierung wichtig. Gute Kommunalpolitik ist für die Bürger unmittelbar spürbar – und somit auch ein Rezept gegen Politikverdrossenheit”, sagt Horst von Buttlar, Chefredakteur der WirtschaftsWoche.





