Stationärer Lebensmitteleinzelhandel bleibt attraktives Investment
Kontinuierliches Umsatzwachstum seit 25 Jahren / Steigende Flächenproduktivität, attraktive Margen, kaum Online-Substitution / Immer größere Bedeutung für Shoppingcenter und Fachmarktzentren
Der deutsche Einzelhandel und damit der Einzelhandelsimmobilienmarkt befindet sich in seinem tiefgreifendsten Strukturwandel seit Jahrzehnten. Während Nonfood-Formate unter Online- und Preisdruck leiden, erweist sich der stationäre Lebensmitteleinzelhandel als stabiles, wachstumsstarkes und online-resistentes Segment. Das Wachstum des gesamten deutschen Einzelhandels der letzten 25 Jahre wurde maßgeblich durch den stationären Lebensmitteleinzelhandel getragen, während der stationäre Nonfood-Bereich und hier insbesondere Fashion bis heute von teilweise deutlichen Umsatzrückgängen betroffen ist. So flossen dem Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland rund 120 Mrd. Euro an zusätzlichen Umsätzen zu, während der stationäre Nonfood-Einzelhandel gleichzeitig über 40 Mrd. Euro verloren hat. Dies sind Ergebnisse des aktuellen Habona Reports 2026.
„Der Lebensmitteleinzelhandel ist der attraktivste Bereich für Investitionen unter allen Handelsimmobilientypen“, sagt Johannes Palla von der Habona Invest, Herausgeberin des jährlich erscheinenden Reports. „Er bietet stabile, planbare Cashflows auf Basis weitgehend konjunkturunabhängiger Lebensmittelumsätze.“
Stationärer Lebensmitteleinzelhandel: Steigende Flächenproduktivität, höhere Margen
„Der Lebensmitteleinzelhandel hat sich von einem früher margenschwachen Grundversorgungssegment zu einem renditestarken, qualitätsgetriebenen Geschäftsmodell entwickelt. Davon profitiert auch die Immobilie – über höhere Flächenproduktivität und robustere Mieterträge“, so Palla. Tatsächlich stieg die Flächenproduktivität im stationären Lebensmitteleinzelhandel zwischen 2013 und 2024 um fast 40 %. Im Nonfood-Segment ging sie im gleichen Zeitraum hingegen um über 10 % deutlich zurück. Treiber dieser Entwicklung ist ein verändertes Konsumverhalten: Bei Lebensmitteln fragen Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend hochwertige, oft höher bepreiste Produkte nach, etwa Regionalität, Frische, Convenience. Im Fashion-Bereich ist dagegen eher der Trend zu Fast- und Ultra-Fast-Fashion zu beobachten. Das bedeutet: mehr Online-Käufe, kürzere Produktzyklen und ein hoher Preisdruck – und damit insgesamt geringere Ausgaben pro Quadratmeter Verkaufsfläche als im Lebensmitteleinzelhandel.
E-Commerce spielt im Lebensmitteleinzelhandel keine Rolle
Der Onlineanteil am Lebensmittelumsatz liegt trotz Pandemieeffekten weiterhin nur bei rund 2 %. „Deutschland verfügt über eine sehr dichte Infrastruktur an Lebensmittelmärkten, sodass der stationäre Einkauf schnelle Bedürfnisbefriedigung mit hoher Bequemlichkeit bietet – ein klarer Standortvorteil gegenüber E-Food-Angeboten“, so Palla.
Nahversorger profitieren von Wegzug ins Umland der Städte
Seit Jahren verlagert sich das Wohnen aus den Großstädten ins Umland und in ländliche Räume – und mit den Haushalten wandert die Kaufkraft für Lebensmittel. Zwischen 2019 und 2024 ist die Kaufkraft für Lebensmittel in ländlichen Räumen um rund 27 % gestiegen, in städtischen Räumen um etwa 20 %. Davon profitieren insbesondere Nahversorgungs- und LEH-Standorte in Umlandgemeinden sowie in Mittel- und Kleinstädten. „Eine alternde Gesellschaft, steigende Ansprüche an kurze Wege und die Verlagerung der Mittelschicht in die Peripherie machen Nahversorgungsimmobilien im Umland attraktiv“, erklärt Johannes Palla diese Entwicklung.
Shoppingcenter: Attraktiver Nutzungsmix und hoher Foodanteil entscheidend
Klassische Shopping-Center Konzepte mit hohem Fashion-Anteil funktionieren vielerorts nicht mehr. Stattdessen gewinnen Lebensmittel, Gastronomie, Foodhall-Konzepte und Dienstleistungen an Bedeutung. In vielen Centern ist heute ein Supermarkt der zentrale Ankermieter; die steigenden Food-Umsätze resultieren vor allem daraus, dass frühere Modeflächen umgewidmet werden. „Für Investoren eröffnen sich Chancen dort, wo es gelingt, Shoppingcenter zu Standorten mit starkem Lebensmittelfokus, hoher Aufenthaltsqualität und einem attraktiven Nutzungsmix weiterzuentwickeln.“, so Palla.
Innenstädte in den Metropolen bleiben attraktive Standorte
In den sieben größten Städten haben sich die innerstädtischen Passantenfrequenzen weitgehend normalisiert und liegen bereits wieder bei den Werten von 2019. Gleichzeitig hat sich das Konsumverhalten deutlich verändert: Innenstädte werden weniger zum „reinen Shoppen“ aufgesucht, sondern für ein Bündel aus Erlebnissen – Gastronomie, Kultur, Dienstleistungen und Erledigungen des Alltags. Davon profitieren vor allem High-Street-Lagen und Trophy-Buildings in den Top-Metropolen. Anders stellt sich die Situation in vielen Klein- und Mittelstädten dar: Hier schlägt der Rückgang des stationären Fashion-Handels besonders stark durch. Mit dem Rückzug von Modeketten verlieren die Innenstädte eine zentrale Mietergruppe, was zu Leerständen und sinkender Attraktivität ganzer Lagen führt.
Fachmarktzentren: Foodanteil gewinnt an Bedeutung
Fachmarktzentren haben ihre Verkaufsfläche in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Besonders erfolgreich sind Fachmarktzentren mit hohem Lebensmittelanteil: Sie profitierten während der Pandemie von ihrer Rolle als verlässliche Versorgerstandorte, viele Kunden sind diesen Lagen treu geblieben und nutzen inzwischen verstärkt auch das Nonfood-Angebot. Neuere Fachmarktzentren weisen überdurchschnittliche Food-Quoten auf, einige kleinere Objekte konnten sich als vollwertige Nahversorgungszentren etablieren.
Über den Habona Report 2026
Der Habona Report wird seit 2018 veröffentlicht und beleuchtet die Handelsimmobilie im Kontext gesellschaftlicher und ökonomischer Trends. Die Ausgabe 2026 legt den Schwerpunkt auf lange Datenreihen und detaillierte Kennzahlen und verknüpft diese mit Einschätzungen ausgewiesener externer Expertinnen und Experten. Ziel ist es, institutionellen Investoren, Banken und Family Offices eine belastbare Grundlage für Investment- und Finanzierungsentscheidungen im Handelsimmobiliensektor zu liefern.
