Welchen Trend erwarten Sie 2023 aus Perspektive eines Wohnungsunternehmens?
Filip John und Andreas Schulz: Es besteht in ganz Europa die Gefahr einer Rezession bei gleichzeitig hohen Energiepreisen und Inflationsraten. Dies äußert sich aktuell u.a. in steigenden Materialpreisen und Zinsen und bedeutet für breite Bevölkerungsschichten einen Verlust an Kaufkraft. In Folge der rückläufigen Nachfrage für Wohneigentum, dürften die Verkaufspreise für Immobilien eher sinken. Stattdessen werden selbst erwerbs- und finanzkräftige Menschen eher mieten. Neben der ungebrochenen Zuwanderung dürfte dies die Nachfrage nach Mietwohnungen steigern und die Mietpreise eher beflügeln.Was davon wird Ihrer Meinung nach in der Immobilienwirtschaft ankommen?
Filip John und Andreas Schulz: Leider sind die zur Verfügung stehenden Förderbedingungen (noch) nicht ausreichend - in Summe lässt sich daher Neubau derzeit kaum verwirklichen. Das gilt sowohl für das Anlagevermögen, bei dem sich wegen hoher Baukosten selbst Projekte auf bereits vorhandenen Grundstücken oftmals nicht wirtschaftlich realisieren lassen. Das gilt aber auch für das Bauträgergeschäft, bei dem der Verkauf infolge von gestiegenen Bauzinsen erlahmt. Deshalb wird das Neubauprojektvolumen insgesamt zurückgehen, bis sich die Rahmenbedingungen wieder verbessert haben. Dafür wird mehr in die Sanierung und die energetische Ertüchtigung von Bestandsimmobilien investiert werden, wofür ein Vielfaches an öffentlichen Fördermitteln bereitgestellt worden ist.Welche Themen treiben Sie zum Jahresbeginn 2023 um und welche waren es 2022?
Filip John und Andreas Schulz: Gingen wir Anfang 2022, mit dem allmählichen Abklingen der Corona-Krise, davon aus, bald wieder an Bewährtes anzuknüpfen, so stellt sich der Jahresstart 2023 völlig anders dar.Die Preis- und Zinsdynamik hat sich – bedingt durch den Ukraine-Konflikt – sehr nachteilig entwickelt. Das hat zusätzlich zu einer Verknappung von Energie und Material geführt. Gravierende Auswirkungen ergeben sich daraus nicht nur beim Bau, sondern auch beim Betrieb unserer Immobilienbestände. Die Teuerung der Betriebskosten betrifft zuerst unsere Mieterinnen und Mieter, deren Nebenkosten zu einer kaum noch bezahlbaren „zweiten“ Miete ansteigen. Das wirkt sich nachteilig auf deren Zahlungsfähigkeit aus und hemmt das Potential für Preisanpassungen, die die energetische Ertüchtigung im Bestand refinanzieren sollen. Durch die gleichzeitige Notwendigkeit zur Sanierung geraten Wohnungsunternehmen zunehmend in ein Spannungsfeld aus sozialer und ökologischer Verantwortung einer- und ökonomischen Zwängen andererseits.
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