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Verhaltene Zuversicht bei Immobilienfinanzierungen: Marktexperten sehen Stabilisierung trotz unverändert schwieriger Rahmenbedingungen

Hamburg, 20.06.2025
  • Leichte Stimmungsaufhellung, aber keine Trendumkehr
  • Spreizung im Markt: mehr Transaktionen im Top-Segment, durchschnittliche Lagen und Objekte bleiben unter Druck
  • Wohnimmobilien werden bevorzugt, Gewerbeimmobilien sind differenziert zu betrachten, Forward Deals bleiben selten
  • Kreditfonds und alternative Finanzierungen gewinnen an Relevanz

Die aktuelle Lage der Immobilienfinanzierung in Deutschland bleibt angespannt. Das BF.Quartalsbarometer, eine Sentimentanalyse der BF.direkt AG und der bulwiengesa AG, zeigt im zweiten Halbjahr 2025 eine leichte Stimmungsverbesserung unter den Finanzierern. Trotz Tendenzen der Stabilisierung ist eine echte Trendwende noch nicht in Sicht, so das Fazit führender Experten für Immobilienfinanzierungen auf einer Online-Pressekonferenz von RUECKERCONSULT.

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, Torsten Hollstein, Geschäftsführer von CR Investment Management, Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank, und Alexander Eggert, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate, waren sich bei der Einschätzung der aktuellen Markentwicklungen einig: Das Marktumfeld ist nach wie vor durch Zurückhaltung, Zinsunsicherheiten und geopolitische Spannungen geprägt. Forward-Fundings sind aktuell kaum möglich und Kreditprolongationen werden nur dann problemlos vorgenommen, wenn der Cashflow des Immobilieninvestments durch eine solide Vermietungssituation gesichert ist.

Wohnimmobilien robust, Spreizung bei Gewerbeimmobilien

Wohnimmobilien gelten weiter als robust, da die Bautätigkeit nach wie vor stark hinter der Nachfrage zurückbleibt. Im Marktsegment der Gewerbeimmobilien, vor allem der Büroimmobilien, kommt es zu einer weiteren Spreizung: Für ESG-konforme Immobilien von erstklassiger Qualität in guten Lagen, die langfristig an bonitätsstarke Mieter vermietet sind, gibt es Finanzierungsangebote zu guten Konditionen. Objekte von geringerer Qualität in weniger guten Lagen werden dagegen kaum gehandelt. Obwohl im Markt wieder mehr Kapital für Immobilieninvestments vorhanden ist, sind die Preisvorstellungen der Investoren noch so gering, dass die Objekte oftmals nicht veräußert werden. Die Eigentümer bevorzugen es zurzeit, auf eine weitere Stabilisierung der Märkte zu warten.

Aktives Asset Management, alternative Finanzierungsformen und Finanzierungsrestrukturierungen gefragt

Für Objekte mit unsicheren Aussichten auf eine Anschlussfinanzierung sind aktives Asset Management und Immobilien-Knowhow gefragt, um die Vermietungssituation zu verbessern, tragfähige Nutzungskonzepte und Exit-Szenarien auszuarbeiten. Ist die klassische Bankenfinanzierung dennoch nicht möglich, kommen noch alternative Finanzierungsformen durch Kreditfonds oder Whole-Loan-Strukturen in Frage. Auch Finanzierungsrestrukturierungen können dabei helfen, Immobilien nicht kurzfristig veräußern und dadurch Verluste realisieren zu müssen.

Zitate der Experten
Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank:

„Wir sehen zwar ein leicht ansteigendes Neugeschäft im Markt, kommen aber von einem niedrigen Niveau. Wohnimmobilien werden am stärksten nachgefragt und wir sehen inzwischen wieder leicht steigende Preise. Deutlich weniger Nachfrage gibt es nach Hotel- und Einzelhandelsimmobilien, aber auch hier scheint der Boden gefunden. Die Preise für Shoppingcenter sind so weit gesunken, dass es wieder Einstiegsmöglichkeiten gibt. Bei Logistikimmobilien sind die Mieten relativ stabil, aber die Vermarktungszeiten für neue bzw. leerstehende Flächen sind inzwischen länger als noch vor einem Jahr.“

Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden bei der Hamburg Commercial Bank. Quelle: Hamburg Commercial Bank

Torsten Hollstein, Geschäftsführer der CR Investment Management:

„Zurzeit gibt es eine Vielzahl von schlechten Nachrichten und zusätzlich steigt der Refinanzierungsdruck. Trotzdem hat sich das Sentiment der Finanzierer in der Summe verbessert. Das zeigt, dass wieder Leben in die Märkte zurückkehrt. Noch passiert das sehr selektiv, aber einiges an Kapital, das in den letzten Jahren von internationalen Investoren abgezogen wurde, kehrt inzwischen wieder zurück. Deutschland wird von ihnen wieder regelmäßig an erster oder zweiter Stelle unter den Investitionszielen genannt. Aber man ist vorsichtiger und wählerischer, was in dieser Marktphase auch normal ist“

Torsten Hollstein, Geschäftsführer von CR Investment Management. Quelle: CR Investment Management

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG:

„Momentan sind die Immobilienprofis gefragt. Wer Immobilien wirklich versteht, kann auch aus Objekten mit Refinanzierungsproblemen echte Perlen machen. Sicher, das geht bei vielen Objekten, aber nicht bei allen. Ohne ein wirklich gutes, tragfähiges Konzept gibt es weder eine Finanzierung noch eine Prolongation. Die Spreizung sehen wir nicht nur im Gesamtmarkt, sondern auch innerhalb des Core-Bereichs. Der Zinsanstieg hat auch dort dazu geführt, dass die Investments heute stärker gehebelt sind als noch vor drei Jahren. Wir sehen also auch dort einige Schwierigkeiten, aber das kann natürlich auch daran liegen, dass wir als BF.direkt AG eine selektivere Wahrnehmung haben, weil wir Lösungen für Kunden anbieten, die in diesem Bereich vor Herausforderungen stehen.“

Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG. Quelle: BF.direkt AG

Alexander Eggert, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate:

„Wir sehen momentan keine Probleme bei den Prolongationen. Das ist keine anekdotische Aussage: Wir haben ein Kreditportfolio von rund sechs Milliarden Euro und verlängern davon 400 bis 600 Millionen pro Jahr. Bei den Transaktionen lagen wir im letzten Jahr bei einem Transaktionsvolumen von 1,3 Milliarden Euro, wobei wir auch viel finanziert haben. Im Core-Bereich können wir zwar die Einpreisung der Zinsentwicklung feststellen, sehen aber keine Risikoaufschläge, weder bei der Finanzierung noch bei Prolongationen. Aber es ist uns auch klar, dass es noch Themen aus der Vergangenheit gibt, die abzuarbeiten sind.“

Alexander Eggert, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate. Quelle: HIH Invest Real Estate