Wie Experten die EZB-Zinsentscheidung kommentieren
Statement Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG
„Die Entscheidung der EZB, die Leitzinsen zum vierten Mal in Folge unverändert zu lassen, ist richtig. Denn die Fundamentaldaten der Wirtschaft in der Eurozone haben sich nicht wesentlich verändert. Die Inflation liegt weiterhin nahe der Zielmarke von zwei Prozent.
Die Immobilienwirtschaft hat sich weitgehend auf das Zinsplateau eingestellt. Die Zinshöhen sind planbar und geben Sicherheit. Neue Finanzierungen werden aktuell nur auf Basis solider Geschäftsmodelle und konservativer Beleihungsabläufe realisiert.
Dass die Immobilienkrise überwunden ist, glauben wir nur bedingt. Vielmehr gehen wir davon aus, dass zwar einzelne Nutzungsarten wie Logistik und Wohnen eine hohe Nachfrage und gute Finanzierungsmöglichkeiten bieten. Andere Segmente wie Büro und Retail stehen jedoch weiter unter Druck; mit weiteren Abwertungen ist zu rechnen. Der Markt funktioniert, steht aber weiter vor Herausforderungen, etwa bei Prolongationen.“
Statement Prof. Dr. Steffen Sebastian, Lehrstuhl für Immobilienfinanzierung, IREBS Institut für Immobilienwirtschaft, Universität Regensburg:
„In den USA hat die Fed noch vor wenigen Tagen zum dritten Mal in Folge den Leitzins gesenkt. Es ist anzunehmen, dass dies auf politischen Druck der US-Regierung zurückzuführen ist. Denn in den zurückliegenden Monaten stiegen in den USA die Verbraucherpreise um drei Prozent und lagen damit über dem Ziel der Fed von zwei Prozent.
Erfreulicherweise hat sich die EZB von diesem Schritt der Fed nicht irritieren lassen und bleibt ihrem Stabilitätskurs treu, die Zinsen nicht anzutasten. Der Markt in der Eurozone kann mit dem Zinsniveau leben und es ist das richtige Signal, um das Finanzsystem zu stabilisieren.
Abzuwarten bleibt, wie sich die Zinspolitik im nächsten Jahr entwickelt. Für Deutschland als größte Volkswirtschaft der EU senkte das Ifo-Institut vor wenigen Tagen die Wachstumsaussichten für 2026 auf nur noch 0,8 Prozent. Das wird auch Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen im Immobilienmarkt haben.“
Statement Prof. Dr. Felix Schindler, Head of Research & Strategy, HIH Invest Real Estate:
„Das Ergebnis des letzten EZB-Zinsentscheids des Jahres 2025 folgt den Erwartungen der Marktteilnehmer und Kapitalmärkte. Mit dem unveränderten Leitzinsniveau setzt die EZB ihren Kurs weiter fort. Sie befindet sich damit in einer komfortablen Ausgangsposition für das Jahr 2026, in dem die Kapitalmärkte auf Grund der bestehenden wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten erneut volatil bleiben dürften. Neben Themen wie der globalen Handelspolitik, steigenden Verschuldungen und erhöhten Finanzierungskosten gehören hierzu auch die Systemumstellung in der Kapitalanlage der niederländischen Pensionskassen sowie Risiken durch die nachlassende Attraktivität der in den letzten Jahrzehnten volumenmäßig stark angestiegenen Yen Carry Trades.
Mit Blick auf 2026 ist der Fokus an den Immobilienmärkten deshalb auf Cashflow-stabile Investments in Sektoren und Teilmärkte mit langfristiger Unterstützung zu legen – wichtig sind: intakte Megatrends, ein struktureller Nachfrageüberhang und bonitätsstarke Mieter. Neben Wohnobjekten in den Wachstumsregionen zählen dazu auch moderne Büro- und Logistikobjekte in den sektorspezifisch zentralen und dominanten Lagen, Ärztehäuser und Gesundheitsimmobilien sowie Nahversorgungsobjekte im Bereich des Einzelhandels.”
Stefan Hoenen, Head of Commercial Real Estate, Hamburg Commercial Bank (HCOB):
„Wie erwartet hat die EZB den Leitzins unverändert gelassen, und wir gehen davon aus, dass sie diesen Kurs bis Mitte 2026 beibehalten wird. Diese Stabilität schafft Planungssicherheit und reduziert kurzfristige Zinsrisiken, nicht zuletzt für Immobilienfinanzierungen. Auch langfristig dürfte die Zinsentwicklung moderat bleiben, was die Finanzierungskosten für Bestandsobjekte und neue Projekte niedrig hält. Zudem begünstigen die gedämpften Inflationserwartungen ein investitionsfreundliches Umfeld. Insgesamt erhöht sich damit die Kalkulierbarkeit von Projekten – und stärkt so die Attraktivität des Immobilienmarkts.“
