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KINGSTONE Real Estate: Pflegeimmobilienbetreiber stehen vor multiplen Herausforderungen

München, 12.12.2025
Maximilian Radert
  • Demografischer Wandel erhöht den Bedarf an Pflegeplätzen – gleichzeitig gerät das System durch die Grenzen der Angehörigenpflege unter Druck.
  • Angebotserweiterung scheitert u. a. am Fachkräftemangel und steigenden Betriebs- und Personalkosten, verschärft durch hohe Bürokratie.
  • Neubau und Modernisierung sind ohne auskömmliche Refinanzierung schwer darstellbar; Investoren brauchen verlässliche Rahmenbedingungen.
  • Digitalisierung und KI entlasten Teams spürbar (Dokumentation, Dienstplanung) und werden zum Schlüssel für Effizienz und Qualität.

Der Pflegeimmobilienmarkt steht von zwei Seiten parallel unter Druck: Der demografische Wandel sorgt für wachsenden Bedarf, gleichzeitig wird die Betreiberlandschaft durch Fachkräftemangel, steigende Kosten und ein enges regulatorisches Korsett belastet. Im Webinar „Pflege im Wandel – Betreiber zwischen Wachstum und Wirklichkeit“ diskutierten Maximilian Radert, Head of Product Development & Research bei KINGSTONE Real Estate, Mathias Staudt, Health-Care Expert bei KINGSTONE Real Estate, und Christian Nitsche, Vorstandsvorsitzender bei DOMICIL Senioren-Residenzen, welche Strategien Wachstum ermöglichen. 

Mathias Staudt. Bildquelle: Mathias Staudt

Demografischer Rückenwind – aber fragile Versorgungssäule

Rund 5,7 Millionen Pflegebedürftige beziehen Leistungen. Die Mehrheit wird ambulant oder durch Angehörige versorgt. Nur ein kleinerer Teil lebt vollstationär. „Das System wird durch die pflegenden Angehörigen getragen. Die entscheidende Frage ist, was passiert, wenn die Pflegebedürftigen nicht mehr zu Hause versorgt werden können. Dann gerät die Versorgung massiv ins Wanken“, so Christian Nitsche.

Christian Nitsche. Bildquelle: DOMICIL Senioren-Residenzen

Maximilian Radert hob in dem Zusammenhang hervor, dass die älter werdende Bevölkerung längst nicht nur ein soziales Thema sei, sondern „zum Systemrisiko“ werden könne – und damit eine gesamtgesellschaftliche Priorität verlange. 

Bei der Erweiterung des Angebots sind Betreiber nach Einschätzung von Nitsche weniger durch Nachfrage als durch Ressourcen limitiert: „Das Nadelöhr ist ausschließlich der Fachkräftemangel.“ Dieser betreffe zunehmend auch Servicebereiche wie Küche oder Reinigung. Um Kapazitäten zu sichern, brauche es pragmatischere Vorgaben und weniger Bürokratie – ohne Qualitätsanspruch am Menschen zu verlieren. 

Investorenrolle und Refinanzierung: Ohne verlässliche Rahmenbedingungen kein Neubau

Ein zweites Kernhemmnis ist die Investitionstätigkeit. Nitsche beschrieb das Dilemma aus steigenden Bau- und Betriebskosten, Modernisierungsdruck und begrenzten Refinanzierungsmöglichkeiten. Für Neubau und Sanierung müsse die Politik die Realitäten anerkennen und Refinanzierungssysteme anpassen. 

Mathias Staudt ergänzte: „Nur zwei Bundesländer – Baden-Württemberg und NRW – wenden bei Neubauten eine Angemessenheitsregelung an und richten die Refinanzierung zumindest am Baukostenindex aus. Zugleich ist der Bestand vielerorts überaltert. Private Betreiber und institutionelle Investoren sind deshalb zentral, um Versorgungskapazitäten zu erhalten und auszubauen.“ 

Digitalisierung als Effizienzhebel: Zeit zurück ans Bett

Als gemeinsame Zukunftsstrategie nannten die Referenten konsequent Digitalisierung. Staudt betonte, dass verschlankte Prozesse und digitale Tools entscheidend seien, um Mitarbeitende zu entlasten und Zeit für die Versorgung am Menschen zu gewinnen. 

„Bei den DOMICIL Senioren-Residenzen arbeiten wir mit elektronischer Dokumentation, KI-gestützter Spracherkennung und intelligenter Dienstplanung, um diesen Routineaufwand zu reduzieren. Unser Ziel ist, die Mitarbeitenden aus dem Büro und zum Patienten zu bringen“, berichtet Nitsche aus der Praxis. 

Fazit

Das Webinar zeigt: Pflege braucht Wachstum – doch Wachstum braucht Personal, tragfähige Refinanzierung und verlässliche politische Leitplanken. Investoren können Kapazitäten ermöglichen, Betreiber liefern Versorgungskompetenz. Ohne Reformen und Bürokratieabbau drohen jedoch Engpässe in einem Markt mit strukturell steigender Nachfrage. Pflege ist für institutionelle Investoren eine hochrelevante Assetklasse, erfordert jedoch spezifisches Know-how – von regionalen Nachfrage- und Kaufkraftstrukturen über regulatorische Systematiken bis hin zur Logik von Eigenanteilen und Betreiberanforderungen –, um diese Faktoren in ein schlüssiges, tragfähiges Gesamtkonzept zu integrieren. Maximilian Radert fasste den Anspruch zusammen: „Entscheidend  ist, Pflege als unverzichtbare Zukunftsaufgabe zu begreifen – nur dann lassen sich Nachfrage und Angebot dauerhaft zusammenführen.“