„Freiräume für kreatives Denken werden im übertragenen und im wörtlichen Sinne benötigt“, sagt Prof. Dr. Volker Eichener, der in sein Buch „Strategisches Management für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft“ ein Kapitel über Innovationsmanagement aufgenommen hat. „Erstens benötigen Kreative die Freiheit, um auch ungewöhnliche und geradezu verrückte Ideen zu entwickeln. Zweitens benötigen sie auch zeitliche Freiräume, an innovativen Konzepte zu spinnen, und das geschieht üblicherweise nicht zwischen 8:00 und 17:00 Uhr. Und drittens benötigen sie auch echte Räume, in denen sie zusammenkommen können, die Platz bieten, um Storyboards zu schreiben, um Brainstormings durchzuführen, um Modelle zu basteln, und die sie nicht zuletzt auch durch eine besondere Atmosphäre und ein besonderes Ambiente stimulieren.“
Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung weisen auch die Zufallsentdeckung auf, die im Jargon der Wissenschaft auch „Serendipität“ genannt wird. „Die Wahrscheinlichkeit für solche Zufallsentdeckungen kann aber systematisch erhöht werden“, so Eichener, „wenn wir Immobilien haben, die die Frequenz von Inspiration steigern.“
Das Team von Aengevelt Research hat internationale Erfahrungen und beispielhafte Projekte in Deutschland analysiert, um die Anforderungen zu ermitteln, die an kreativitätsfördernde Immobilien zu richten sind. So blieben die meisten Gründer- und Technologiezentren, die seit den 1980er Jahren an vielen Standorten eröffnet worden sind, in baulich-räumlicher Sicht viel zu konventionell, um kreative Prozesse wirksam zu fördern. Nach den Erkenntnissen von Aengevelt Research sollten Immobilien für innovative Unternehmen folgende Bedingungen aufweisen:
- Lebendige Standorte, eher in Szenevierteln mit buntem sozialem und kulturellem Leben als in sterilen Büroparks.
- Unkonventionelle Gebäude, gern auch in alten Industrieobjekten Gebäude, die als „Third Spaces“ zwischen Wohnung und Büro die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen lassen.
- Offene Grundrissgestaltung mit multifunktionalen Zonen, Lounge-Areas, Kreativ- und Projekträumen, Agil- und Scrumflächen, Storyboard-Räumen, Clubräumen, Räumen mit Spielen, Darts oder Tischfussball, Rückzugsräumen, Power-Nap-Kabinen und sogar Dance Floors für die After-Work-Party.
- Eine Mischung von etablierten Unternehmen und Start-ups, die systematisch Kreative wie Designer, Grafiker, Musiker, Künstler sowie ITund Web-Nerds miteinschließt.
Da diese Voraussetzungen durchaus von Altbauten an B- oder C-Standorten erfüllt werden, müssen die Innovationsimmobilien trotz ihres tendenziell höheren Flächenbedarfs pro Arbeitsplatz überhaupt nicht teuer sein – im Gegenteil, Ambiente ist wichtiger als konventionelle Statussymbole. Ein Beispiel für ein derartiges Innovationscluster ist die Factory Berlin, die an mittlerweile zwei Standorten nicht nur Büroflächen bietet, sondern das, was sie eine „Community of Innovators“ oder als „Ökosystem für Innovationen“ bezeichnen. Neben Büroflächen und Veranstaltungsflächen gibt es dort beispielsweise ein Restaurant, ein Café, eine Bibliothek, einen Meditationsraum, Sporthallen, einen Raum für virtuelle Realität und ein Musikstudio. Eine Hochschulkooperation eröffnet Bildungsperspektiven. Das Konzept geht auch betriebswirtschaftlich auf: Die Factory in Berlin-Mitte hat ihren Immobilienwert verdreifacht und die Filiale am Görlitzer Park bereits innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Das Konzept soll jetzt in anderen deutschen Städten ausgerollt werden.
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