Frankfurt: Bürovermietungsmarkt mit starkem Jahresstart, Wohnraum bleibt Mangelware
- Mit insgesamt 198.000 m² vermieteter Fläche im ersten Quartal zeigte der Frankfurter Büromarkt den stärksten Jahresauftakt seit der Jahrtausendwende
- Umwandlung von leerstehenden Büros in Micro-Living-Konzepte lindert die Wohnraumknappheit
- In der Innenstadt setzen sich gemischt genutzte Quartiere durch
- Investoren halten sich weiterhin zurück
Frankfurt ist auch 2025 von einem volatilen Marktumfeld geprägt. Wirtschaftliche und geopolitische Herausforderungen machen auch vor der Mainmetropole keinen Halt. Während im Bürosegment moderne Objekte in Top-Lagen wieder stärker nachgefragt werden, steigt der Leerstand von älteren Bestandsimmobilien in Stadtrandlagen stetig. Teilweise kann hier eine Umnutzung in Mikrowohnen sinnvoll sein, um den Wohnungsmarkt zu entlasten. Denn der Wohnsektor zeichnet ein anderes Bild: Die Neubauzahlen brechen ein, die Einwohnerzahlen steigen weiter, die Schere zwischen Angebot und Nachfrage öffnet sich immer weiter. Deshalb legen die Wohnungsmieten in allen Segmenten und Lagen dynamisch zu. Das sind die Haupterkenntnisse aus einer Pressekonferenz, an der Manuel Backfisch, Geschäftsführer und Head of Capital Markets bei Colliers in Frankfurt, Jens Hausmann, Geschäftsführer bei Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH, und Alexander Lackner, Geschäftsführer bei neworld, teilnahmen.
„Wenn wir über den Frankfurter Immobilienmarkt sprechen, kommen wir nicht an den zwei Großanmietungen im Office-Bereich vorbei, die maßgeblich zu einem rekordverdächtigen Ergebnis für das erste Quartal beigetragen haben: die Anmietung der Commerzbank im Central Business Tower mit über 73.000 m² und die der ING im Hafenpark Quartier mit 32.000 m². In den ersten drei Monaten des Jahres war der Büroflächenumsatz mit 198.000 m² fast doppelt so hoch wie im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Wir sehen diesen starken Jahresauftakt als positives Signal für das kommende Jahr“, analysiert Backfisch die Situation. Die Leerstandsrate bei Frankfurter Büroimmobilien beträgt laut Colliers im ersten Quartal 2025 11,3 Prozent.
Alexander Lackner, CEO von neworld, geht auf die Optionen für leerstehende Büroflächen in B- und Nebenlagen ein. neworld investiert in innovative Immobilienkonzepte wie Serviced Apartments, Co-Living, Flex-Office, Healthcare und Senior Living. „Es zeigt sich, dass in diesen Lagen zunehmend weniger Büroflächen benötigt werden als früher, Frankfurt ist dafür das beste Beispiel. Für Unternehmen mit leerstehenden Flächen, die noch langfristig angemietet sind, kann eine temporäre Untervermietung sinnvoll sein, um bis dahin ihre Mietkosten senken zu können. Viele scheuen eine Untervermietung, da diese mit Aufwand verbunden ist. Unser Venture Scaling Spaces mit seiner Flex-Office-Expertise unterstützt Unternehmen dabei, diese Flächen erfolgreich unterzuvermieten und den Leerstand zu reduzieren.“ In Frankfurt ist Scaling Spaces mit einem Standort in der Bockenheimer Landstraße vertreten. Dort können Unternehmen Flex-Office-Flächen zwischen ca. 15 und 200 m² anmieten, auch einzelne Arbeitsplätze stehen zur Verfügung.
Eine zweite Option für nicht mehr marktkonforme Bürogebäude ist die Umwandlung der Flächen für neue Nutzungsarten. Lackner führt dazu aus: „Generell werden Büroumnutzungen relevanter, um überschüssige Büroflächen zu reduzieren und neuen Wohnraum zu schaffen. Lösungen hierfür könnten gemischtgenutzte Projekte sein, die das Arbeiten, Konsumieren und Leben unter einem Dach ermöglichen. Zudem werden durch das Vermeiden von Abriss und Neubau CO2-Emissionen reduziert. Als Investor in Betreiberkonzepte werden uns regelmäßig leer stehende Büroprojekte zur Umwandlung angeboten. Vieles ist interessant und manche Umnutzung haben wir mit unseren Betreiber-Partnern schon erfolgreich umgesetzt – auch in B-Lagen. Aber mittlerweile wird auch immer klarer: Nicht wenige Büroobjekte können auch durch Umnutzung nicht gerettet werden. Das trifft vor allem auf reine Büroviertel in B-Lagen zu. Hier wird in Teilen ein komplettes Umdenken der zukünftigen Nutzungsarten erforderlich sein, wobei der Abriss und der Neubau von gemischt genutzten Quartieren mit Wohnen sicherlich eine sinnvolle sowie nachgefragte Alternative sein werden.“
Die bei Neuvermietungen erreichbare Bürospitzenmiete knackte im ersten Quartal 2025 erstmals die 50-Euro-Marke. Potenzial nach oben gebe es weiterhin, meint Backfisch. Bestandsmieten liegen durch Indexierungen zum Teil bereits deutlich über der Spitzenmiete: Beispielsweise kratzt die Miete sowohl im Omniturm als auch im Marienturm an der 60-Euro-Marke. Und auch in dem von Groß & Partner entwickelten FOUR T1 liegt die Ist-Miete in den oberen Etagen des Gebäudes bei ähnlichen Werten.
Das FOUR T1 ist Teil der Quartiersentwicklung FOUR Frankfurt. Jens Hausmann über das Projekt: „Das FOUR Frankfurt steht für eine zeitgemäße Entwicklung urbaner Räume. Wohnen, Büroflächen, Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel werden in einem offenen Ensemble zusammengeführt. Gleichzeitig stellte uns die Nutzungsvielfalt vor die Herausforderung, höchste Ansprüche an Architektur, verschiedene Anforderungen der Nutzungsarten und ein vitales Quartiersleben miteinander zu verbinden. Die Foodhall spielt dabei eine Schlüsselrolle, denn sie bringt nicht nur kulinarische Vielfalt, sondern auch neues Leben in die Innenstadt.“
Darüber hinaus plant Groß & Partner in Frankfurt weitere Projekte wie das Revitalisierungsprojekt KAIA in Frankfurt und das Stadtquartier Neue Welt in Neu-Isenburg. Besonders im Fokus stünden dabei Mixed-Use-Entwicklungen mit verschiedenen Nutzungsformen wie Wohnen, Arbeiten und Gastronomie. „Im Hinblick auf die Standortwahl bleiben zentrale Lagen attraktiv, aber auch Entwicklungsareale wie das Europaviertel oder Gateway Gardens gewinnen an Bedeutung“, erklärt Hausmann.
Diese Einschätzung teilt Backfisch: „Im gewerblichen Bereich konzentriert sich das Kapital auf die Bestlagen des Frankfurter Marktgebiets (Central Business District). Die Lage allein ist aber nicht ausschlaggebend für ein Investment. Eine Kombination aus Objekt-Qualität, ESG-Standard, Mietniveau sowie Lage ist entscheidend. Und sind diese Punkte gegeben, bleibt die Investitionsentscheidung immer noch abhängig vom Finanzierungsumfeld und den politischen Rahmenbedingungen.“ Hinsichtlich der Renditen sagt Backfisch: „Im Jahresverlauf 2025 erwarten wir stabile Renditeniveaus – sowohl bei Büros (4,95 Prozent) als auch im Wohnsegment (3,55 Prozent).“
Im Wohnsegment sei die Investorenstimmung grundsätzlich positiv, so Backfisch. Die Bevölkerung in Frankfurt wächst überdurchschnittlich, gleichzeitig ist die Neubautätigkeit rückläufig. „Eine hohe Nachfrage trifft auf ein zu kleines und kleiner werdendes Angebot, was den rasanten Mietpreisanstieg erklärt. Aktuell liegt die Durchschnittsmiete bei Bestandswohnungen bei 16,30 Euro pro m², im Neubausegment bei 21,80 Euro pro m². Wir rechnen damit, dass sich dieser Wachstumstrend in den nächsten Jahren fortsetzen wird“, erklärt der Colliers-Experte.